KI in der Kirche
Digital und analog gehören zusammen
Kirche und Künstliche Intelligenz - das klingt für viele wie ein Gegensatz. Muss es aber gar nicht sein, wenn man weiß, wo und wie, die Technik helfen kann
Statue des Reformators Martin Luther in Erfurt mit Glitch-Effekt
Statue des Reformators Martin Luther in Erfurt mit Glitch-Effekt
Jonathan Schöps/Photocase
undefinedboeckheler.com
Aktualisiert am 27.09.2024
3Min

chrismon: Hat die Kirche einen besonderen Bedarf bezüglich der Digitalisierung?

Hanno Terbuyken: Ja, denn in den Gemeinden gibt es wenig äußeren Druck zu digitalisieren, die kirchliche Gemeinschaft funktioniert erstmal auch analog. Gemeinden stellen sich daher weniger die Frage, ob und wie sie bei den Menschen vorkommen. Aber die Lebenswelt vieler Menschen spielt sich mittlerweile im Digitalen ab. Dort muss Kirche erreichbar sein, denn die Welt da draußen findet sonst ohne sie statt.

Hanno TerbuykenLena Uphoff

Hanno Terbuyken

Hanno Terbuyken, Jahrgang 1982, ist Country Manager DACH bei ChurchDesk. Er war bis Februar 2020 Leiter Digitale Kommunikation im GEP-Geschäftsbereich "chrismon digital plus" und Portalleiter von evangelisch.de. Zuvor hat er Diplomjournalistik und Neuere Geschichte in Leipzig studiert. 2024 hat er zusammen mit dem Theologen Philipp Greifenstein das Buch "Vernetzt und zugewandt - digitale Gemeinde gestalten: Ein Praxishandbuch" veröffentlicht (Neukirchener Verlag).

Während Corona hat sich in Sachen Digitalisierung in den Gemeinden viel getan, zum Beispiel Gottesdienste online zu übertragen. Wo liegen heute die Probleme?

Das Problem ist, dass viele Gemeinden nach Corona Dinge dann auch wieder gelassen haben. Damit verbunden ist auch immer eine Zeitfrage, analoge Veranstaltungen haben damals ja nicht stattgefunden. Jetzt geht es darum, das Digitale und das Analoge zusammenzuführen.

Wie kann ein niedrigschwelliger Einstieg aussehen, wenn man mit der Digitalisierung gerade erst startet?

Es gibt heute keine Gemeinde mehr, die nicht schon digital ist. Die meisten Menschen – auch ältere – besitzen ein Smartphone oder ein Tablet, nutzen Whatsapp oder eine Mailadresse. Darauf kann man aufbauen, etwa in Form eines E-Mail Verteilers, über den man einen Newsletter verschickt – gerade letzteres ist im Trend. In einem zweiten Schritt kann man schauen, wo man anknüpfen möchte, zum Beispiel bei der Gestaltung der Webseite.

Sascha Lobo und Andrea Nahles im chrismon-Interview: "KI ist eine Bildungsfrage"

Digitalisierung betrifft ja nicht nur den Internetauftritt der Gemeinde, sondern auch die Verwaltung und die Gemeindebüros. Wie sieht es da aus?

Auch dort ist Digitalisierung wichtig, denn mit digitaler Unterstützung kann ich Vorgänge schneller bearbeiten, etwa, indem ich Dokumente per Suchfunktion finden kann, ohne Papierakten zu wälzen. Auch durch einen digitalen Kalender, den alle gemeinsam nutzen, kann man Abläufe verschlanken oder die Möglichkeit, sich digital zu Veranstaltungen anzumelden.

Würden Sie Gemeinden raten, mit "Künstliche Intelligenz" (KI) zu arbeiten?

Ja. Künstliche Intelligenz kann eine Hilfe sein, aber Textgeneratoren wie zum Beispiel "ChatGPT" erheben keinerlei Anspruch auf Wahrheit oder Richtigkeit. Man kann mit KI Texte zusammenfassen oder sie als Impuls- oder Stichwortgeber nutzen, ähnlich wie ein Gespräch mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Eine kreative Predigt kann eine KI aber nicht verfassen, eigene Gedanken muss man sich trotzdem machen und den Text selbst schreiben.

Lesen Sie hier zum KI-Gottesdienst auf dem Kirchentag 2023: Der Funke springt nicht über

Was schätzen Sie, wohin sich die KI entwickeln wird?

Vorhersagen sind da schwierig. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Systeme immer besser werden, aber die KI ist kein aktiv handelndes Wesen. Aus dem Grund sollten wir uns der Maschine auch nicht als Schöpfer ergeben. Die KI wird menschliches Handeln immer besser imitieren können, aber sie wird nie Mensch sein.

Warum haben Sie ein Buch geschrieben anstatt Ihre Gedanken in ein digitales Format zu packen?

Die Form muss immer auch zur Zielgruppe passen. Menschen in der Kirche lesen gerne Bücher, außerdem kann man ein Buch anderen Leuten etwa aus dem Kirchenvorstand einfach weitergeben. Das bedeutet aber nicht, dass wir allein bei dieser Form bleiben werden. Wir denken beispielsweise darüber nach, in Gemeinden Workshops zur Digitalisierung anzubieten.

Eine erste Version des Textes erschien am 15. März 2024.

Hanno Terbuyken und Philipp Greifenstein: Vernetzt und zugewandt - digitale Gemeinde gestalten: Ein Praxishandbuch. 208 Seiten. Neukirchener Verlag 2024. 24 Euro.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.