Als sich die Ampel aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene in den Sondierungen und, später, in den Koalitionsverhandlungen zusammenfand, sollte es keine nächtlichen Verhandlungen mehr geben. Das alte Politikritual habe ausgedient, es liefere ohnehin nur selten gute Ergebnisse, hieß es damals, im Herbst 2021.
Im Februar hat Russland die Ukraine angegriffen. Und die Nachtverhandlungen kehrten zurück. In einer dieser späten Runden einigte sich die Koalition auf zwei Punkte, die den Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen sollen, den kriegsbedingten Anstieg der Energiepreise zu kompensieren. Ab heute sinkt die Energiesteuer auf Kraftstoffe um knapp 30 Cent für den Liter Benzin; beim Diesel etwas weniger. Und um auch Pendler zu entlasten, die das Auto stehen lassen und den öffentlichen Nahverkehr nutzen, erdachte sich die nächtliche Runde das 9-Euro-Ticket. Beide Maßnahmen kosten den Staat zusammen etwa sechs Milliarden Euro und gelten für drei Monate. Das wirft die Frage auf: Was ist danach? Ist dann der Krieg vorbei? Sprudeln irgendwo neue Ölquellen? Hat die Klimakrise aufgehört?
Nils Husmann
Für die Zeit ab Herbst fehlt der Bundesregierung jeder Plan. Im schlechtesten Fall nehmen die Mineralölkonzerne den erwartbaren Ansturm auf die Tankstellen zum Anlass, um weiter fleißig hohe Margen zu kassieren - wie schon seit Beginn des Krieges. Und wer sich ein 9-Euro-Ticket kauft, wird den Nahverkehr als das erleben, was er schon vor dem heutigen Tage war: defizitär, sanierungsbedürftig, verspätet, überfüllt und überfordert.
Keine Frage: Besonders Menschen mit eher geringen Einkommen müssen oft weite Strecken pendeln. Sie können oder wollen sich die hohen Immobilienpreise in den Ballungszentren nicht leisten, haben dort aber ihre Arbeit, die sich oft auch nicht ins Homeoffice verlagern lässt. Diese Menschen müssen dringend entlastet werden, im Mai stiegen die Preise für das, was man zum Leben braucht, um fast acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weder Tankrabatt noch 9-Euro-Ticket können das ausgleichen. Es wäre sinnvoller gewesen, die 6,5 Milliarden Euro für beide Maßnahmen an alle Einwohner auszuzahlen, als Inflationsausgleich. Und auch das würde nicht reichen.
Drei Parteien, aber keine gemeinsame Idee
Schlimmer noch: Die Bundesregierung hat erkennbar keinen Plan, wo sie denn hinwill mit ihrer Verkehrspolitik. Die Grünen wollen die Emissionen im Verkehrssektor senken; hier ist Deutschland dank zahlloser SUVs in den vergangenen Jahren kein Stück weitergekommen. Die FDP will dagegen maximale Freiheit - klingt halt besser als Egoismus - und beharrt auf ihrem Nein zum Tempolimit, das den Energieverbrauch sofort senken würde, auch wenn Fachleute dringend zu Geschwindigkeitsbeschränkungen raten wie jüngst die Internationale Energieagentur. Und die SPD? Will zwischen diesen beiden Stühlen offenbar nicht weiter auffallen und die Menschen irgendwie entlasten.
Nun geht es um drei Monate, aber es fehlt eine zeitgemäße Idee für Mobilität, und zwar auf Jahre. Was könnte man mit den Milliarden alles anfangen! Und wo bleibt der Mut, das Dienstwagenprivileg, das den Staat weitere drei Milliarden pro Jahr kostet (womit wir schon bei fast zehn Milliarden wären!) und das Besserverdienende begünstigt, endlich abzuschaffen? Oder wenigstens mit einer klaren ökologischen Lenkwirkung zu versehen? Denn bisher fließt das Geld zumeist in überdimensionierte Statussymbole, die wahlweise viel Sprit schlucken oder deutlich zu viel Strom ziehen.
Die Chance wurde vergeben. Die Koalitionäre hätten lieber mal in Ruhe tagsüber tagen sollen, gern auch mehrfach und mit Rat von Menschen, die sich mit dem Thema Mobilität auskennen. Es wäre sicher mehr dabei herausgekommen als in einer Nachtsitzung, in der alle drei Parteien auf ihren Vorteil aus waren.
Und es wäre ein Ergebnis von Dauer gewesen.
Das sind faule Eier. Für 9 €
Das sind faule Eier. Für 9 € einmal schnell mit dem langsamen Regio nach München zum Shoppen. Oder gen Frankreich oder andere Grenzen um sich Zigaretten zu holen. Das ist Augenwischerei wenn der fährt, der sonst ohne einen guten Anlass nicht gefahren wäre. Urlaub nehmen und jeden Tag die Republik abrasen. Dann noch über die Langsamkeit (Zug hält an jedem Dixi) und die übervollen Züge klagen und zetern, das es woanders auch nicht billiger ist. Und dann war die Klimaanlage wegen der vielen Fahrgäste auch noch überfordert. Um mich für dumm zu halten brauche ich keine Ampel.
"zu kurz gedacht"?
Ja hoffentlich, damit die Menschen nun aufwachen und erkennen was im Grunde wirklich-wahrhaftig möglich ist und eine andere / menschenwürdigere Art und Weise des Zusammenlebens organisiert wird, ohne wettbewerbsbedingte Symptomatik.
Eher zu wenig gedacht. Fromme
Eher zu wenig gedacht. Fromme Wünsche um die Welt zu verändern. Das war noch nie erfolgreich. Aufwachen um zu erkennen, das die Schöpfung uns so, auch mit allen Nachteilen, gewollt hat. Bitte die Klage "nach oben" weiterreichen und in sich selbst "kehren".
Wahrheit
So argumentieren mafiöse Drogendealer die Angst um ihr Geschäftsmodell haben.