Handmaids Army demonstrieren vor Capitol
Handmaids Army DC protest Supreme Courts preliminary decision to overturn Roe v. Wade Members of Handmaids Army DC walk silently from theSupreme Court to the Capitol during a protest against the Courts leaked preliminary decision to overturn Roe v. Wade. Washington DC United States PUBLICATIONxNOTxINxFRA Copyright: xAllisonxBaileyx originalFilename: bailey-handmaid220508_nphfj.jpg
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Kampf um das Recht auf Abtreibung
Kippt das Oberste Gericht der USA ein Grundsatzurteil zu Schwangerschaftsabbrüchen von 1973? Und was bedeutete eine erneute Kriminalisierung der Abtreibung für die USA von heute? Ein Kommentar von Lotta Suter.
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16.05.2022

Das Oberste Gericht der USA will das Rad der Geschichte zurückdrehen und "Roe vs. Wade" aufheben. "Roe vs. Wade" ist der Grundsatzentscheid, mit dem das gleiche Gremium 1973 Abtreibung landesweit legalisierte. Damals argumentierte der Supreme Court mit 7 zu 2 Stimmen: Bis der Fötus lebensfähig ist, gehört die Entscheidung zur verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre der Bürgerinnen.

Wenn "Roe vs. Wade" fällt, verlieren in den USA rund 40 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter von einem Tag auf den andern das Recht, selber über ihren Körper zu bestimmen. Denn dann wäre die Regelung des Schwangerschaftsabbruchs wieder wie vor der Legalisierung von 1973 den einzelnen Bundesstaaten überlassen. Die etwa zwei Dutzend republikanisch dominierten "Pro Life"-Bundesstaaten sind auf die mutmaßliche neue Rechtssituation bestens vorbereitet: Um den Schwangerschaftsabbruch zu kriminalisieren, ziehen manche Gouverneure ganz einfach verstaubte Abtreibungsverbote aus den fünfziger Jahren aus der Schublade. Andere haben in vorauseilendem Enthusiasmus neue, teils bizarre Paragrafen ersonnen, die die Rechte der Frauen einschränken oder ganz aufheben. Viele dieser konservativen Lokalregierungen fassen das Abtreibungsverbot so absolut, dass sie nicht einmal im Fall von Inzest, Vergewaltigung oder gar einer Eileiterschwangerschaft Ausnahmen zulassen.

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Lotta Suter

Die Autorin Lotta Suter, geboren 1952, studierte Philosophie, Politologie und Publizistik in Zürich. Sie ist Mitbegründerin, langjährige Redaktorin und heute Korrespondentin der Schweizer Wochenzeitung WOZ. 1997 wanderte sie mit ihren vier Kindern in die USA aus. Sie lebt in Vermont und schreibt für deutschsprachige Medien wie bref oder SWR2.

Mitch McConnell, der Minderheitsführer im US-Senat, spricht bereits von einem nationalen Abtreibungsverbot, falls die republikanische Partei bei den Zwischenwahlen im nächsten Herbst eine deutliche Mehrheit im US-Kongress erringt. Der Gouverneur von Mississippi schließt nicht aus, als nächstes Verhütungsmethoden wie die Spirale oder die Pille danach zu verbieten. Es ist zu befürchten, dass es nicht bei diesen Angriffen auf die nun schutzlose Privatsphäre bleibt. Die gleichgeschlechtliche Ehe und die Rechte von Transgenderpersonen stehen in den USA bereits jetzt im Fadenkreuz einer rechtskonservativen Minderheit, welche der Mehrheit ihren Willen aufzwängen will.

Umbau in eine weiße christliche Nation

Was in den USA stattfindet, ist mehr als ein "Kulturkampf" oder eine Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Lebensstilen. Die Rechte verfolgt ein politisches Projekt: den Umbau der multiethnischen, politisch, kulturell und religiös vielfältigen USA in eine weiße christliche Nation. In diesem Gottesstaat soll es keine Trennung mehr geben zwischen Politik und Religion. Wie viele Parteikolleg*innen hat Rick Scott, der Gouverneur von Florida, diese Entwicklung bereits vorweggenommen. Unter dem Slogan "Rettet Amerika" schreibt der Präsidentschaftsanwärter für 2024: "Die Kernfamilie ist entscheidend für die Zivilisation, sie ist Gottes Heilsplan für die Menschheit."

An der Zahl der Abtreibungen werden der zu erwartende Entscheid des Obersten Gerichts und die theokratischen Fantasien der Politiker kaum viel ändern. Das zeigt sich im US-Bundesstaat Texas, wo Abtreibungen bereits seit letztem September kriminalisiert werden. Die meisten ungewollt Schwangeren trieben trotzdem ab. Sie wichen entweder in liberalere Staaten aus oder beendeten die Schwangerschaft medikamentös zu Hause. Die scharfe Verurteilung des Schwangerschaftsabbruchs in weiten Teilen der USA macht allerdings das Leben der betroffenen Frauen, besonders der sozial benachteiligten und der People of Color, noch schwieriger und noch einsamer. Dabei ist jede ungewollte Schwangerschaft eine Krise, die das Mitgefühl der Gesellschaft – ein Stück Nächstenliebe - verdiente.

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Liebe Frau Suter, leider argumentieren Sie an keiner Stelle als Chrstin, sondern wie eine Heidin, die keinen Gott kennt! Das von Gott geschaffene Leben ist IMMER Leben von Anfang an, das lässt sich sehr gut an Psalm 139 ablesen. Dass Sie die ausgelutschten Argumente der heidnischen Regenbogen-Ideologie wiederholen und in Ihnen kein Herz schlägt für den Menschen, der in dem Embryo bereits komplett angelegt ist und ab SSW 6 einen eigenen Herzschlag hat, zeugt von mangelndem Respekt vor dem Schöpfer. Gerade in Deutschland möchte ich keine Stimmen mehr hören, die sich anmaßen, ein Recht zu haben, menschliches Leben vernichten zu dürfen.