Lisa Rienermann
Religion für Einsteiger: Was ist die Konfirmation?
Nicht mehr nur auswendig lernen
Jedenfalls mehr als ein großes Fest. Dazu gehört auch viel Vorbereitung zusammen mit Gleichaltrigen
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
Freerk Heinz
17.03.2016
3Min

Sie sollten mit Stoff, kleinen Erzählfiguren, Steinen und anderen Dingen biblische Geschichten nachstellen, erinnert sich Lotte. Ausgesucht hat sie sich die Szene mit dem Mann, der von Jerusalem nach Jericho ging, unter die Räuber fiel und im Straßengraben liegen blieb. Priester gingen achtlos an ihm vorüber – Leute, die eigentlich helfen sollten! Schließlich kam der barmherzige Samariter und half.

Lotte ist Konfirmandin im Frankfurter Stadtteil Bonames. Wenn sie sich an zurückliegende Konfistunden erinnern will, muss sie nur in ihrer Mappe blättern. Für alles, was sie lernt, bekommt sie ein Arbeitsblatt. Ein Blatt übers Beten erinnert sie an einen Abend, als ihre Gruppe einzelne Sätze darüber beurteilen sollte. Wer zustimmte, vergab Klebepunkte. Nachher klebten viele farbige Punkte neben dem Satz: "Beten hilft." Auch "Man soll nicht nur beten, wenn es einem gut geht" fanden viele richtig. Lotte findet aber: Leute beten eher in der Not, als wenn es ihnen gut geht.

Lottes Konfirmandengruppe trifft sich regelmäßig zu gemeinsamen Abendessen, sie hat auch eine Frankfurter Synagoge besucht, sie löst Bibelquizze um die Wette, fährt auf Freizeiten und gestaltet einen Gottesdienst. Was Lotte die Konfistunden bringen? "Man lernt das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis und den 23. Psalm. Man findet sich in der Bibel zurecht. Man erfährt, wie man mit Menschen umgeht, und etwas über die Geschichte des Christentums." Lotte erlebt die Gemeinde beim regelmäßigen Kirchgang, ebenfalls eine Konfirmandenpflicht. "Netter Verein", findet sie, "auch wenn sie manchmal etwas umständlich reden."

Eines bekommen Konfirmanden heute nicht mehr: fertige Antworten auf fertige Fragen. Glaube ist Gewissenssache, er lässt sich nicht verordnen. Die Zeiten, als junge Konfirmanden Martin Luthers "Kleinen Katechismus" auswendig lernten, sind vorbei. "Du sollst den Feiertag heiligen. Was ist das? Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören und lernen", so ging es über viele Seiten.

Was Menschen auswendig gelernt haben, in sich tragen, hilft in Zeiten der Not – stellte man sich vor. Ob ausgerechnet der Katechismus hilft, hat damals niemand überprüft. Die Reformatoren hatten die Katechismen eigentlich als Tauflehre gedacht. Die Jugendlichen waren als Säuglinge getauft worden, nun sollten sie die Unterweisung im Glauben nachholen. Doch die Pfarrer machten es sich in der Regel zu leicht. Wer den Katechismus aufsagen konnte, hatte bestanden und durfte fortan am Abendmahl teilnehmen.

Menschen in ihrer Verantwortung stärken

Kritik am sturen Auswendiglernen gibt es schon lange. 1667 besuchte der Pietist Philipp Jakob Spener die Landgemeinde Bonames nördlich von Frankfurt, zu der heute auch Lotte gehört. Hier erlebte Spener erstmals eine öffentliche Konfirmation: Die Jugendlichen eines Jahrgangs, die der Pfarrer im Katechismus unterwiesen hatte, standen im Gottesdienst vor der Gemeinde und verpflichteten sich öffentlich, ein christliches Leben zu führen.

Spener war begeistert: Konfirmation als Entscheidung für den christlichen Glauben, nicht bloß als sinnlose Paukerei. Allmählich verbreiteten sich öffentliche Konfirmationen. Heute fallen sie meist viel größer aus als Tauffeiern. Dabei sind Taufe und Abendmahl zentral fürs Christentum, die Konfirmation nicht.

Öffentliche Bekenntnisse sieht man heute kritischer als vor 350 Jahren. Diktatoren und Faschisten haben versucht, Menschen mit feierlichen Gelöbnissen gleichzuschalten, zuletzt auch DDR-Funktionäre. Taufe und Konfirmation aber zielen auf das Gegenteil. Sie sollen Menschen stärken, in eigener Verantwortung ihren Weg zu gehen.

Lotte wird bei ihrer Konfirmationsfeier mit anderen perfekt gestylten Jugendlichen in die Kirche einziehen. Sie bekennt mit der Gemeinde ihren Glauben und wird vorm Altar gesegnet. Ob Lotte danach noch regelmäßig Gottesdienste besucht, wird man sehen. Aber es wird ihr klar sein, warum sie zur Kirche gehört.

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