Jetzt, nach der Pandemie, kommt mit einem Mal eine große Zahl an Hochzeits- und Taufanfragen bei uns an. "Endlich ist das wieder möglich!", sagte eine Taufmutter, "Wir wollen doch so gerne alle dabeihaben!". Als sie dann erzählt, woher die Familienmitglieder nach Brüssel anreisen, sind wir als ehemalige Duisburger Pfarrerin und Pfarrer erstaunt. Oft sitzen mehr als vier Nationalitäten aus aller Welt zusammen im Gottesdienst.
Ruth Koßmann
Frederik Koßmann
Vorab einigen wir uns auf zwei Sprachen. Wir können mit Deutsch, Englisch, Niederländisch und Französisch dienen. Italienisch, Spanisch und die Sprachen des Ostens haben wir nicht gelernt. Die Familien wünschen sich vertraute Lieder in ihren Sprachen und aus ihren Traditionen. Unser Kantor macht vieles möglich. Und wo er an seine Grenzen kommt, gibt es Handy und Bluetoothbox.
Freude und Leid werden über den Bildschirm geteilt
Über Zoom hat sich die internationale Gemeinde noch weiter vergrößert: stolze Großeltern aus Amerika und Asien, Patinnen und Paten aus England und der Schweiz, trauernde Angehörige aus Griechenland und Kanada. Während wir im kleinen Kreis taufen, konfirmieren, verheiraten oder beerdigen, sprechen die Patinnen oder Trauzeugen über Bildschirm und Mikro ihre Fürbitte, schreiben ihre Grüße in den Chat oder tragen ihre Segenssprüche oder Gebete in ihrer eigenen Sprache vor. Man versteht auch so, was sie meinen. Ein Hauch von Pfingsten.
Neue Heimat Belgien
Einmal fragen wir ein multinationales Paar, das ein Haus kaufen möchte, ob es in Belgien bleiben will: "Belgien ist sozusagen ‚neutrales Gebiet‘. Wir brauchen uns nicht für die deutsche, amerikanische oder die koreanische Nationalität zu entscheiden. Wir fangen beide neu an. Und unsere Kinder auch. Sie entwickeln ihre eigene Identität. Das ist hier leicht, weil alles so international ist. Wir leben sehr gerne hier." Wer in Brüssel einmal eine Zeit verbracht hat, kann gar nicht anders als Europäer zu werden. Oder Weltbürger.