58 Millionen Menschen wünschen sich einen tiefgehenden Wandel und gaben dem rechtsextremen Ex-Militär Jair Bolsonaro ihre Stimme. Sein Versprechen, Wirtschaftskrise, Korruption und grassierende Kriminalität mit harter Hand zu bekämpfen, überzeugte die Mittelschicht und viele ärmere Brasilianer. Dabei weiß niemand, wofür der aufbrausende Rechtspopulist wirklich steht.
Der neue Präsident plädiert für Folter und für das Erschießen von Kriminellen. Er will "die Roten" (linke Oppositionelle) verfolgen und ins Gefängnis werfen. Der Vergleich mit anderen Autokra- ten drängt sich auf. Es kann aber auch schlimmer kommen. Brasilien droht politische Gewalt und noch mehr soziale Spaltung – wie unter dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte.
Sein Plädoyer für Religiosität und traditionelle Familienwerte ist Bolsonaros wichtigster Trumpf. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung besucht regelmäßig die unzähligen Pfingstgemeinden oder sieht ihre Fernsehpredigten, in denen zu Bolsonaros Wahl aufgerufen wurde. Pfingstchristen setzen auf individuelle Heilsversprechen, nicht auf Staat und sozialen Ausgleich. Hinzu kamen Verleumdungen wie die, dass der Gegenkandidat Fernando Haddad Kinder zu Homosexuellen umerziehen wolle. Vielen, die auf eine neue Moral hofften, steht nun ein böses Erwachen bevor.