Schlechte Abweichung oder schöne Vielfalt?
Schlechte Abweichung oder schöne Vielfalt?
chrismon
Schlechte Abweichung oder schöne Vielfalt?
1. Korinther 11,24: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib für euch (statt: "der für euch gegeben wird"); das tut zu meinem Gedächtnis.
Die Lutherbibel im Lebensalltag - Feier zum 70. Geburtstag von Landesbischof i.R. Prof. Dr. Christoph Kähler am 20.05.2014 an der Universität Jena. Foto: Jan-Peter Kasper/FSUJan-Peter Kasper/FSU
09.04.2018

Zwischen den Autoren der Bibel und Martin Luther liegen fast 1500 Jahre. In dieser Zeit wurde die Bibel oft abgeschrieben und hat sich dabei auch verändert. Heute kennen wir viele alte Handschriften und können den ursprünglichen Wortlaut des Neuen Testaments durch Vergleiche recht genau ermitteln. Zum Beispiel im 1. Korintherbrief 11,24. Dort zitiert der Apostel Paulus die Einsetzungsworte beim Abendmahl. Luther übersetzte: "Das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird." Paulus hatte aber geschrieben: "Das ist mein Leib für euch." Die Ergänzung "der für euch gegeben wird" kam erst später dazu. Abschreiber hatten die Worte aus dem 1. Korintherbrief an die Einsetzungsworte aus Lukas 22,19 oder aus 1. Korinther 10,16 angeglichen. Sie kannten sie so auch aus dem Gottesdienst.

Die Lutherbibel im Lebensalltag - Feier zum 70. Geburtstag von Landesbischof i.R. Prof. Dr. Christoph Kähler am 20.05.2014 an der Universität Jena. Foto: Jan-Peter Kasper/FSUJan-Peter Kasper/FSU

Christoph Kähler

Christoph Kähler, Jahrgang 1944, leitet die Revision der Lutherbibel. Der Theologie­professor für Neues Testament war bis 2009 ­Bischof in Mitteldeutschland (zuvor Thüringen) sowie Stell­vertretender EKD-Ratsvorsitzender  

Mit der revidierten Lutherbibel 2017 wollten wir zum ältesten Wortlaut zurück. So wird deutlich: Schon die ersten Christen gaben Jesu Abendmahlsworte unterschiedlich wieder: Lukas anders als Paulus, und beide anders als Markus und Matthäus. Unterschiede sind ja kein Unglück, im Gegenteil! Die ersten Christen deuteten das Abendmahl vielfältig: mal mehr als Erinnerung an das letzte Mahl Jesu; mal eher als Gemeinschaftsmahl mit dem Auferstandenen; mal vorwiegend als Hoffnungsmahl: "Maranatha, unser Herr kommt." Dieses Vielfalt zeichnete ihren Glauben aus.

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