Gar nicht ins Krankenhaus – oder so schnell wie möglich wieder raus. Unter diesem Motto steht das norwegische Gesundheitssystem seit der Reform 2012. In die Krankenhäuser gehen die Patienten nur noch zur Diagnostik, für spezielle Behandlungen oder Operationen. Sie bleiben durchschnittlich vier Tage, in Deutschland sind es rund sieben. Und wenn sie danach noch nicht fit genug sind für zu Hause? Dann kommen sie übergangsweise in eine Pflegeeinrichtung wie die, in der ich als Krankenschwester arbeite.
Das „Sykehjem“ in der Nähe von Oslo war bis 2012 ein normales Alten- und Pflegeheim. Jetzt ist es offiziell eine Kurzzeitabteilung. Bei uns sollen die Patienten, die oft noch verwirrt sind und Schmerzen haben, wieder auf die Beine kommen, und zwar innerhalb kürzester Zeit. Wir bereiten mit den Angehörigen und Therapeuten die Entlassung vor, organisieren bei Bedarf Hauskrankenpflege, Rollstühle oder Pflegebetten. Zwei bis drei Wochen dauert das meist.
Das System ist schneller und effizienter
Uns sitzt die Zeit im Nacken, sprich: das Zuteilungsbüro der Kommune, das die Gesundheitsversorgung außerhalb der Krankenhäuser steuert. Sind die Betten irgendwo länger belegt als geplant, gibt es einen Stau im System. Und kann eine Kommune einen Patienten deshalb nicht übernehmen, muss sie eine Art Strafgebühr bezahlen.
Unsere Arbeit hat sich mit der Reform verändert. Aber die Zeiten des Wartens auf Operationen zum Beispiel sind deutlich kürzer geworden. Und die Leute sind schneller da, wo sie sein wollen: zu Hause. Angehörige sind mehr gefordert als früher. Und die Kommunen müssen sich bemühen, Pflegepersonal zu finden und auszubilden. Insgesamt aber ist der Patient in Norwegen immer noch Mensch und nicht nur ein Fall. Private Klinikkonzerne gibt es übrigens keine. Dass Reiche mit dem Gesundheitsgeschäft reicher werden, ist absolut nichts für die Norweger.
Krankenschwester Jana Hoffmann wanderte 2001 mit ihrem Mann – Pfarrer in einer Gehörlosenkirche – nach Norwegen aus. Sie berichtet auf ihrem Blog.