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Prostitutionsgesetz im Wandel der Zeit
Wie ist das genau: Ist Prostitution legal? Und warum gab es sie trotzdem, als sie nicht legal war? Mit welchen Folgen für die Prostituierten? Ein kleiner Vorher-Nachher-Vergleich anhand der Gesetzgebung.
Tim Wegner
24.03.2016

Vor 2002

Schon vor dem rot-grünen Prostitutionsgesetz von 2002 versucht die Politik, Prostituierte zu schützen und Menschenhandel zu unterbinden. Zuhälter, die Menschen zur Prostitution zwingen, sie dabei ausbeuten oder kuppeln, können für bis zu fünf Jahre ins Gefängnis wandern (§ 181 a StGB // § 180 a Abs. 1 Nr. 2 StGB a). Zuhälterei und Förderung von Prostitution ist verboten. Prostituierten eine Unterkunft zu gewähren, hingegen nicht.

Sittenwidrigkeit: Kennzeichnend für die Zeit vor 2002: die Sittenwidrigkeit, eine etwas schwurbelige Norm. In zwei Paragraphen wird sie erwähnt. "Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet", lautet der eine (§ 826 BGB // § 138 Abs. 1 BGB), "Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern", der andere (§ 157 BGB). Die Sittennorm ist etwas, auf das sich die Gesellschaft mehrheitlich geeinigt hat. Prostitution ist deswegen eigentlich verboten, wird aber geduldet. Ein Zeichen dafür, dass sich schon seit langer Zeit die Geister darüber scheiden, ob Prostitution nun unsittlich sei oder nicht.

Sperrbezirk: "Doch Rosi hat ein Telefon…" Die Spider Murphy Gang hat es richtig besungen: Rosi muss aufpassen, wo sie ihr Telefon aufstellt. Wer in einer Sperrzone erwischt wird, macht sich strafbar. (§§ 184 a, b StGB a. F.; jetzt: §§ 184 d, 184 e StGB; § 120 Abs. 1 OWiG)

Der älteste unter den Rotlichtparagraphen der Bundesrepublik stammt noch aus der Zeit ihrer Vorgängerin, der Weimarer Republik. Der Paragraph zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten wurde 1927 eingeführt. Laut ihm dürfen Erkrankte zu Tests und Behandlung gezwungen werden. 1953 griff die Politik ihn wieder auf und verschärfte ihn sogar noch. Er galt bis 2002. (Paragraph Geschlechtskrankheiten §§ 4,15 GeschlKrG)

Freier trifft vor 2002 keine einzige gesetzliche Regelung. Und weil Prostitution eigentlich sittenwidrig ist und nur geduldet wird, haben Prostituierte nichts in der Hand, womit sie sich gegen zudringliche oder betrügerische Freier oder Bordellbetreiber wehren können. Sie haben auch keinen Zugang zur Sozialversicherung.

Seit 2002

Mit dem hehren Ziel, die Rechte der Prostituierten zu stärken und sie besser zu schützen, setzt die rot-grüne Regierung die Legalisierung der Prostitution durch. Das heißt: Die schwurbelige Sittenwidrigkeit trifft auf sie nicht mehr zu.

Was Prostituierte jetzt dürfen:

Was sie nicht dürfen:

  • Für Sex werben
  • Sich in Sperrgebieten prostituieren
  • Minderjährigen ist Prostitution verboten

Kritik:

  • Noch immer scheinen die Maßnahmen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution bzw. Prostitution aufgrund einer Zwangslage nicht ausreichend.
  • Es fehlen Ausstiegshilfen.
  • Von der Legalisierung hätten vor allem die Bordellbetreiber profitiert, heißt es vonseiten vieler Verbände, es gibt Flatrateangebote, insgesamt bleibt den Prostituierten immer weniger Geld.

Ab 2017

Das neue Gesetz soll ab 2017 schrittweise umgesetzt werden: Der Bundestag soll noch vor der Sommerpause 2016 darüber abstimmen. Das Gesetz sieht vor:

  • Alle zwei Jahre müssen sich Prostituierte persönlich in den Kommunen melden.
  • Unter 21-Jährige müssen zweimal im Jahr zur Gesundheitsberatung, ältere jährlich.
  • Bordellbetreiber müssen ihre Betriebe genehmigen lassen. Sind sie zum Beispiel wegen Menschenhandels vorbestraft, dürfen sie kein Bordell leiten. Die Kontrollen werden enverschärft.
  • Kondompflicht gilt für alle. Bei Missachtung müssen Bordellbetreiber und Freier Bußgelder zahlen, Prostituierte sind davon ausgenommen.
  • Flatrate-Sex und Inszenierungen von Gruppenvergewaltigungsszenen werden verboten.
  • Die Arbeitssituation soll durch Mindestauflagen verbessert werden. So sollen in allen Zimmern Notrufknöpfe installiert werden. Arbeits- und Wohnräume müssen getrennt werden. Auch die Auflagen für Hygiene werden verschärft.
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