chrismon: Ist die Begeisterung, mit der viele jetzt Flüchtlingen helfen wollen, mit Vorsicht zu genießen?
Doris Rosenkranz: Es gibt das Charisma der Krisensituation: Ähnlich wie bei der Flutkatastrophe 2013 in Bayern oder bei der Grenzöffnung im November 1989 packen die Leute einfach mit an. Viele erleben das als eine tolle Zeit: mit anderen zusammen Gutes tun, auch ohne sich fest zu verpflichten, dabei sein, wenn Geschichte geschrieben wird. Anderen helfen darf ja durchaus auch selbst zufrieden machen.
Wenn aber der Zug mit den Flüchtlingen nicht einfährt und keiner ihre Lunchpakete haben will, verlieren sie dann nicht allzu schnell die Lust?
Wichtig ist, dass es „Kümmerer“ gibt: hauptamtliche Koordinatoren, die wissen, wo was gebraucht wird. In den Flüchtlingsunterkünften sind die Mitarbeiter zurzeit mehr als ausgelastet damit, die Asylsuchenden zu beraten. Wie sollen sie da Ehrenamtliche koordinieren? Wer dort mit einem liebevoll gepackten Kleiderpaket ankommt oder anbietet, Deutschnachhilfe zu geben, und abgewiesen wird, der zieht sich am Ende frustriert zurück. Hier braucht es bessere Rahmenbedingungen.
Wie kann es besser laufen?
Ideal ist es, wenn Städte, Wohlfahrtsverbände oder auch Pfarreien solche Aufgaben übernehmen. In Städten wie München und Nürnberg gibt es jetzt zentrale Ansprechpartner bei der Stadt. Die kann ich anrufen und fragen, wo ich wie helfen kann.
Werden sich einige Helfer denn auch längerfristig engagieren, wenn die große Welle der Hilfsbereitschaft abflacht?
Viele sind jetzt motiviert, das ist eine große Chance. Ob sie weitermachen, vielleicht als Pate oder mit Nachhilfe, liegt daran, ob sie offene Türen finden und nicht allein gelassen werden. Dauerhaftes Engagement geht nicht ohne Begleitung. In Nürnberg etwa sorgt die Stadt dafür, dass zukünftige Ehrenamtliche im Bereich Asyl geschult werden. Gut: In immer mehr Organisationen gibt es heute Freiwilligenmanager. So wird Engagement stabil.