London ist die Stadt der Trends. Aber was ist eigentlich ein Trend? „Etwas, das kommt. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Jedenfalls ist es noch nicht ganz da, ja, die wenigsten wissen, dass da überhaupt etwas kommen wird.“ So eine Definition von „Ideenjäger“ und Werber Anders Björk.
Demzufolge kann der Tod, der eben ganz sicher kommt, kein Trend sein. Doch genau das ist er zurzeit in London. Das Ausgehmagazin ‚Time Out‘ erklärte „Tombspotting“ (in etwa: Gruften entdecken) zu Londons neuestem trendigen Zeitvertreib. Man verbringe die Sonntage auf den überwucherten alten Friedhöfen, so der Artikel, halte nach Gräbern Ausschau und finde das nicht etwa deprimierend, sondern „comforting“ (beruhigend).
Dasselbe Magazin hat kürzlich auch auf eine Veranstaltungswoche rund um das Thema Tod und Sterben hingewiesen: Eine Wohltätigkeitsorganisation lud ein zu Vorträgen, dem Besuch eines Sterbehospizes, Kaffeetrinken auf dem Friedhof...
Gerade hier in England ist das bitter nötig. Selten habe ich eine Kultur erlebt, die sich so wenig Gedanken um Altwerden, Sterben und Tod macht oder – wohl treffender – das Thema so krass tabuisiert. Altersvorsorge? „He, du bist doch erst dreiunddreißig! Da musst du dir doch keine Sorgen machen!“ Besprechen von Erbverträgen mit den Eltern? „Wie makaber!“ Sich mit Freunden austauschen, welche Musik oder Reden man sich für seine Beerdigung wünscht? „Nein, also wirklich, als wünsche man sich gegenseitig den Tod an den Hals!“ Sinnieren darüber, was wohl nach dem Tod kommt? „Religiöses Geschwafel!“
Das scheint sich zu ändern. Der Tod ist zurück. Und obwohl er selbst schon immer war und sein wird, ist die Auseinandersetzung mit ihm durchaus ein Trend – der hoffentlich nicht beim „vielleicht“ stehenbleibt.