Am Rande einer Demonstration am 7. März. Foto: Nickolay Vinokurov/Demotix/Co/Corbis
In der deutschen Gemeinde in Moskau wachsen die Sorgen

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle so gerne mal über die sonnige Seite Moskaus schreiben. Erzählen, dass ich mit Kindern immer einen Platz in der Metro angeboten bekomme. Dass die Supermarktkassiererin mich neulich meine Waren mitnehmen ließ, obwohl ich nicht genug Geld dabei hatte. Dass es im Gorkipark wunderbar  ist, sommers wie winters, und wir dort bislang immer Bekannte getroffen haben  – in einer 15-Millionenmetropole!

Aber jetzt stehen doch die Ereignisse in der Ukraine im Vordergrund. Wir verfolgen sie im Liveticker, lesen die Berichte des Kollegen aus Kiew und staunen über die Reaktionen Russlands. Die Fernsehsender verbreiten Bilder von einem chaotischen Kiew, brennenden Autos, und berichten von Rechtsnationalisten, die die Ukraine fest im Griff haben. Letzten Sonntag wurden in Moskau sechs Demonstrationen genehmigt: bei fünf wurden Russlandfahnen geschwenkt, eine war von Oppositionellen. Diese bekam ein kleines Areal zugewiesen, und die Teilnehmerzahl wurde begrenzt.

Wir Deutschen stecken die Köpfe zusammen und analysieren: Ist hier wirklich alles so gelenkt, wie es scheint? Diejenigen, die für deutsche Firmen hier arbeiten, haben Angst um ihr Geschäft, um ihre guten Beziehungen zu Russland. Und um ihre Liebe zu diesem Land, das sie oft gegen Vorurteile – „kalt, dunkel, kriminell“ – verteidigen müssen. „Immer haben wir für Russland geworben - und jetzt greift es zu Mitteln, die längst von gestern schienen.“

Neulich fragte uns jemand, wie wir über die Ukraine denken. Als er merkte, dass die Antwort kompliziert würde, wechselte er schnell das Thema. Die Sonne scheint, es wird Frühling, die Menschen gehen ihrem Leben nach. Es funktioniert, meistens. Das ist die Hauptsache für die, die das schon so oft anders erlebt haben.

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