Man stelle sich vor, nach Deutschland kämen innerhalb weniger Jahre 25 Millionen Flüchtlinge. So sehen die Proportionen im Libanon derzeit aus: In den vergangenen zweieinhalb Jahren flohen 1,3 Millionen Syrer in das kleine Nachbarland mit seinen knapp vier Millionen Einwohnern, in dem sowieso schon 500 000 Palästinenser in Flüchtlingslagern lebten.
Staatliche Aufnahmelager für die syrischen Flüchtlinge gibt es keine. Die Begleitung und Betreuung geschieht weitgehend durch Hilfsorganisationen und private Initiativen. Circa 800 000 von ihnen sind bei der UNHCR als Flüchtlinge registriert, aber auch diese bekommen oft keine oder nur noch geringe Unterstützung von der UN. Nur ungefähr 20 Prozent der Kinder gehen zur Schule.
Nachdem anfänglich eine große Bereitschaft in der Bevölkerung bestand zu helfen – viele Libanesen waren während des Sommerkrieges 2006 selbst Flüchtlinge in Syrien –, kippt nun die Stimmung. Auch, weil Betteln und Kriminalität zugenommen haben. Die Kommunen, in denen sich die meisten syrischen Flüchtlinge aufhalten, liegen im bitterarmen Norden und in der Bekaa-Ebene. Sie sind mit dem täglichen Zustrom völlig überfordert, zumal im Winter.
Im Land kommt es immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Sunniten und Schiiten. Der Handel mit Syrien, für den Beirut mit seinem großen Hafen ein wichtiger Umschlagplatz war, ist drastisch zurückgegangen.
Der Rückgang der Touristenzahlen, vor allem aus den Golfstaaten, ist nur noch einer der Gründe, weshalb es dem Land wirtschaftlich schlecht geht. Viele Libanesen, auch qualifizierte, haben kaum mehr Chancen, Arbeit zu finden, denn Syrer sind bereit, dieselbe Arbeit für wesentlich weniger Geld zu übernehmen. Ein massiver Verdrängungsprozess ist im Gange. Hier liegt eine Menge sozialer Zündstoff.
Unsere Unterstützung ist mehr denn je gefragt. Die Sozialarbeit unserer Gemeinde versucht, den – syrischen und libanesischen – Bedürftigen, die sich in immer größerer Zahl an uns wenden, auch materiell zu helfen. Zudem arbeiten wir mit zwei lokalen Flüchtlingsorganisationen zusammen. Wir sind dabei dringend auf Spenden angewiesen. Und ebenso auf Gebete für die wenigen Gemeindeglieder, die noch in Syrien leben und zu denen wir leider nur noch telefonischen Kontakt haben. Ihre Situation in Aleppo ist miserabel. Auch in Damaskus verschlechtert sich die Lage täglich, so berichten sie uns.