Dirk von Nayhauß
Atheist von Gottes Gnaden
Klaus Maria Brandauer mag die Kirche - weil er hier zweifeln kann
Dirk von Nayhauß
21.08.2013

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Manchmal habe ich Lebendigkeiten in meinem normalen Leben, die übertreffen bei weitem die Lebendigkeit auf der Bühne. Ich bilde mir immer ein, dass es gut wäre, wenn auf der Bühne auch eine solche Lebendigkeit sein könnte; doch dann habe ich Angst davor, weil ich die Kontrolle verlieren würde. Ich habe es gern, dass ich imstande bin, mich zu kontrollieren. Gerade habe ich den Psychoanalytiker Wilhelm Reich gespielt, einen Mann, dessen Leben ihm immer wieder außer Kontrolle geraten ist. Er floh nach Amerika, wurde auch dort angefeindet, er ging immer weiter, konnte nie richtig Fuß fassen. Ein Außenseiter, bis heute!

Was können Erwachsene von Kindern lernen?

An Kindern sehe ich, wie unstet und sprunghaft ich manchmal bin, und fühle mich daran erinnert, dass eigentlich in der Ruhe die Kraft liegt. Man kann aber auch nicht verleugnen, wie grausam Kinder sein können. Aber auch da können wir etwas lernen: Dieser Ärger ist sofort ein Ausbruch – und dann ist wieder gut.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?

Ich bin gläubig. Dennoch bin ich gefährdet, nicht zu glauben, wenn ich mit besonderen Gescheithosen zusammensitze, mit Intellektuellen und Gebildeten, die überhaupt nichts mit Gott am Hut haben. Dann denke ich: Wie unmodern bin ich eigentlich? Ich habe auch meine Zeiten gehabt, in denen der Zweifel überwog, deshalb bin ich so wahnsinnig gern bei unserer Firma, der Kirche. Weil sie mir die Möglichkeit gibt zu zweifeln. Ich habe mal von Luis Buñuel das Buch „Mein letzter Seufzer“ gelesen, und da lautet eine Kapitelüberschrift: „Atheist von Gottes Gnaden“. In Momenten des Zweifels denke ich, dass ich auch so ein Atheist bin, aber eben von Gottes Gnaden. Drum geniere ich mich keine Sekunde zu sagen: Er ist immer da. Ich brauche ihn. Ich kann das nicht allein, wie soll ich das machen? Und Gott sei Dank haben wir Menschen, die uns ein Beispiel sind. Dietrich Bonhoeffer ist so einer. Diese Schrecklichkeit, die ihm das Schicksal geschickt hat, und das auch noch in Überzeugung für seinen Glauben! Ich bin so froh, dass wir mit Menschen wie ihm verwandt sind. Die nehmen einem vielleicht auch etwas ab. Man ist vorbereitet auf das, was kommen kann.

Hat das Leben einen Sinn?

Ich bin zuversichtlich, dass das, was hier geschieht, einen Sinn hat. Stellen wir uns mal vor, alles zusammen sei wie ein riesiger Computer, der sich nie irrt; und da hat jeder von uns – alle, die gelebt haben, jetzt leben und leben werden – seinen Part.

Welche Liebe macht Sie glücklich?

Lieben heißt für einen anderen Menschen auf der Welt sein. Dazu gehören auch Freunde, die Liebe ist unteilbar, die ist nicht nur zwischen Mann und Frau. Es gibt Menschen, mit denen bin ich seit mehreren Jahrzehnten verbunden. Das bedeutet nicht, dass wir uns immer sehen müssen, aber es kann sein, dass mich einer anruft und fragt: Wie geht es dir? Und ich antworte: Momentan nicht so gut. Sagt der: Das habe ich gespürt. – So etwas gibt es. Das kann Zufall sein, oder eben nicht.

Wie gehen Sie mit Schuldgefühlen um?

Oft weiß man gar nicht, dass man schuldig ist. Und dann plötzlich kommt es einem: Mensch, da habe ich einen Fehler gemacht! ­Da muss man ein Kerl sein, oder ein Weib, und dafür einstehen. Ich sage nicht, dass ich das immer konnte, aber das ist der Weg. Alles andere ist Gedöns. Ich bin aber auch froh, dass wir so einen Teufel dabeihaben, wo man sagen kann: „Du bist auch schuld!“ Weil wir die Schuld allein nicht tragen können, das ist ganz gewiss. Nicht dass ich sie abwälzen will, im Gegenteil, doch es wäre anmaßend zu sagen: Das verantworte ich allein. Das kriegen wir gar nicht hin, und deshalb brauchen wir Gott. Wir brauchen ihn.

Wer oder was hilft in der Krise?

In einer Lebenskrise? Dass man sich informiert und schaut, wie die anderen Menschen ihr Leben leben; dass man liest, was andere über das Leben geschrieben haben. Und reden! Das Sprechen, das Mitteilen hilft unbeschreiblich. Ich habe das als Kind immer mit meiner Mutter gemacht. Wenn ich mich geärgert habe, hat sie zu mir gesagt: „Über wen hast du dich geärgert? Über den Lehrer? Ja, wieso? Mach ihn mal! Wie spricht der?“ Das hilft, da kommt man ins Lachen und merkt, dass man manches überbewertet hat.

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Enttäuschend, von dieser Person einen so platten Ratschlag über das Verhalten in der Krise zu erhalten ! Wie auch immer, mein Entschluß steht fest. Wozu ? Geht nur mich was an.

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Schön, in dem Getöse von besonderen Gescheithosen, Intellektuellen und Gebildeten, die überhaupt nichts mit Gott am Hut haben, solch ein ungeschminktes Glaubensbekenntnis zu lesen. - G.M.L., nicht nur Sie sind in einer Krise. Klaus Maria Brandauer hat sein Rezept, ein Anderer ein anderes, ein Dritter keines. Wichtig ist doch wirklich, Kontakt zu Menschen zu haben, die einen begleiten, vielleicht ein Stück aus der Krise heraushelfen können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie den richtigen Entschluss gefasst haben. Dadurch, dass Sie ihn für sich behalten, sperren Sie Helfer aus. Ich bin selbst betroffen.

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Vorsicht, Anselm, ziehen Sie keine Schlüsse aus solcher Entfernung, denn sie sind falsch. Man kann den Blinddarm mit einer gewissen Routine behandeln, aber nicht die Seele eines Menschen. Ihre Bemerkung am Schluss zeigt deutlich, wie sehr Sie irren. Sie wissen nichts, aber sie versuchen zu zielen. Das klingt so komplizenhaft, und ist nicht hilfreich.

Ich lege Ihnen stattdessen ein hochgelobtes Buch ans Herz, geschrieben von Dr. M. Tischinger, einem Psychiater und Theologen. Wenn Sie seine Weisheit beherzigen, wird Ihr Leben sorgenfrei und glücklich werden, und Ihre Betroffenheit wird weichen.