dpa/Mazen Mahdi
Doch hoffentlich zu mehr Demokratie! Mit militärischen Interventionen von außen lässt sie sich allerdings nicht herstellen. Demokratie ist schwer zu erringen, sie kann auch sehr anstrengend sein. Aber wenigstens funktioniert sie!
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
22.03.2011

„Das Volk soll nicht die Regierung fürchten, sondern die Regierung das Volk“, schrieben ägyptische Demonstranten auf ihr Plakat, das sie Anfang Februar am Kairoer Tahrir-Platz hochhielten. Der Spruch fasst prägnant zusammen, was Demo­kratie von Despotie unterscheidet. Und aus ihm spricht die Erfahrung einer Diktatur.

Demokratie allein beseitigt weder die Armut noch Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Insofern ist Demokratie nichts Visionäres wie „Panarabismus“, „Sozialismus“ und „politischer Islam“ – Ideale, für die sich viele Araber im 20. Jahrhundert begeisterten. Demokratie ist ein nüchternes Geschäft. Doch anders als frühere Konzepte könnte sie funktionieren und dem Volk die Chance bieten, sich gegen korrupte politische Eliten zu behaupten: indem sie sie abwählt.

Demokratie ist anstrengend. Skandale kommen an die ­Öffentlichkeit, Politiker beschimpfen einander und machen leere Versprechen. Die Zeit des ägyptischen Parlamentarismus von 1923 bis 1952 ging als Phase der Selbstblockade in die Geschichte ein.

Die Araber müssen sich ihre Freiheit selbst erkämpfen

Trotzdem fordern die Araber, was sie an Europa und den USA schätzen: Meinungsfreiheit, faire Justiz, würdige Be­handlung auf Ämtern und ein Ende von Korruption und Vetternwirtschaft. Und Frauen kämpfen für Gleichberechtigung.

Die Potentaten bekommen den Druck einer frustrierten, aber aufgeklärten Mittelschicht zu spüren. In Tunesien und Ägypten stürzten zwei Diktatoren. In Marokko, Jordanien und Oman versprechen die Monarchen Reformen. Die Potentaten in Bahrein und im Jemen gelobten erst Besserung und schickten dann das Militär. In Libyen entbrannte ein Bürgerkrieg mit bislang ungezählten Toten. Saudi-Arabien und Syrien ersticken jeden Protest schon im Ansatz.

Ein wenig erinnert die Situation an die deutsche März­revolution von 1848. Erst wichen die Fürsten dem Druck der Straße und wurden zahm. Wo der revolutionäre Elan nachließ, nahmen sie mit der alten Überheblichkeit das Zepter wieder in die Hand. Wo nicht, kartäschten sie die Aufständischen nieder.

Die Araber müssen sich ihre Freiheit selbst erkämpfen, so ­bitter das gerade in Libyen ist. Militärische Interventionen helfen ihnen nicht weiter. Doch wir Europäer müssen Partei ergreifen, indem wir endlich den Despoten die Unterstützung versagen. Ob das trotz unserer Abhängigkeit vom Öl gelingen kann?

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