Schleusingen. Über der Tür hängt ein Holzkreuz, an der Wand zwei Bilder vom guten Hirten und ein Bilderzyklus über alttestamentliche Geschichten. Darunter sitzen elf Leute, die wenig miteinander zu verbinden scheint: ein konservativer Journalist und ein Diplomingenieur von der "Linken", ein Musiklehrer, der das DDR-Regime bekämpfte, und eine Stadträtin der "Linken", ein Bildhauer, der aus dem Westen stammt und der CDU angehört, und ein auffallend tätowierter Hartz-IV-Empfänger, eine Pfarrerin, die es mit ihrem Glauben ernst meint, und eine Deutschlehrerin, die sich als bekennende Atheistin vorstellt. Es wird weder getrunken noch gegessen, nur einige Bibeln liegen auf dem Tisch, die Runde im evangelischen Gemeindehaus ist in erregte Diskussionen verstrickt. Es ist nicht das erwartete gemütliche Treffen einer Gruppe, die viel erreicht hat.
Ein Vorfall, der nirgends aktenkundig wurde, hatte drei Menschen aus der evangelischen Gemeinde vor fünf Jahren dazu gebracht, etwas zu unternehmen: Nach einer Jugendweihefeier hatten Jugendliche der rechten Szene einen anderen Jugendlichen überfallen, sie zwangen ihn, mit ihnen in Richtung Fischbach zu gehen, und tauchten ihn im eiskalten Bach unter Wasser. Weder der Jugendliche noch seine Eltern erstatteten Anzeige. Dorothea Söllig, Pfarrerin in Schleusingen, und zwei ihrer Mitstreiter in der Gemeinde erfuhren durch die Leiterin des Jugendzentrums davon.
"Wie kann man da nichts tun?"
Dorothea Söllig ist eine Frau im mittleren Alter, unauffällig, mit Kurzhaarschnitt, blassem Teint, in Sweatshirt und Jeans. Aber sobald sie mit leiser Stimme spricht, ist ihre Entschlossenheit zu spüren. Sie sei konservativ, sagt sie. Gebet, christliches Bekenntnis, Verkündigung stehen bei ihr als Pfarrerin an erster Stelle. Klar, dass sie auch zu den Sitzungen des Bündnisses einen Stapel Bibeln mitgebracht hat, für alle Fälle.
Ihre Antwort, warum sie als Kirchenfrau auf die Gewalttat gegen den Jugendlichen reagierte, klingt fast abweisend: "Wenn im eigenen Ort so etwas passiert und die Angst so groß ist, dass niemand sich traut, an die Öffentlichkeit zu gehen - wie kann man da nichts tun?"
Zusammen mit einigen Jugendlichen machte der kleine Kreis den Vorfall in einem Jugendgottesdienst erstmals öffentlich, anschließend lud die Gemeinde Bürgermeister, Vertreter von Schulen, Ordnungsamt und Polizei zu einem Treffen ein. Die wiegelten erst mal ab. So schlimm sei es nicht. Das würde sich mit der Zeit verwachsen. Es gebe keine rechtsradikale Szene am Ort, so oder ähnlich hätten die Eingeladenen die Situation heruntergespielt, erinnert sich die Pfarrerin. Aber es entstand das Bündnis, das sich "Bunte Vielfalt gegen braune Einfalt" nannte.
"Schleusingen wird zur nationalen Frontstadt erklärt"
Wenig später hatte der Bürgermeister ein merkwürdiges Erlebnis. Ganz ordentlich hatte sich Tommy Frenck, zentrale Figur der rechten Szene des Ortes, im Rathaus zur Sprechstunde angemeldet, ein 14- oder 15-jähriger Schulabgänger, der zwei Gefolgsleute mitbrachte. Der Jugendliche teilte dem Bürgermeister mit, dass er ihn in naher Zukunft ablösen würde. Schleusingen würde von ihnen übernommen und zur nationalen Frontstadt erklärt.
Klaus Brodführer, ein freundlicher Mann mit Dreitagebart und aufgeknöpftem Hemdkragen, nahm den seltsamen Auftritt nicht ernst. Schon kurz nach der Wende war er, der sich in der DDR für die Konfirmation und gegen die Jugendweihe entschieden, für die Demokratie im Westen begeistert und in der Ost-CDU engagiert hatte, zum Bürgermeister gewählt worden. Er ist stolz auf eine schuldenfreie Stadt mit saniertem Ortskern, deren Arbeitslosigkeit auf einem mittleren Level, um zehn Prozent, liegt. Erst als er die Genehmigung für einen NPD-Infostand auf dem Marktplatz verweigerte und aus der NPD-Zentrale in Berlin postwendend eine Klage ins Rathaus bekam, habe er verstanden: "Das ist kein Spielchen mehr."
Überall in der ansehnlichen Kleinstadt mit ihrem mittelalterlichen Marktplatz und der restaurierten Bertholdsburg prangten NPD-Aufkleber. Die Tafel vor der ehemaligen Synagoge war mit Kot beschmiert. Kahlrasierte Jugendliche trafen sich zum Biertrinken, und es kam vor, dass sie die Betreiber des Asialadens, die Türken vom Döner-Grill und Jugendliche, die erkennbar einer anderen Szene angehörten, anpöbelten.
Die NPD punktet mit juristischen Eingaben
"Einen Sommer lang" hätten die Rechtsradikalen den Marktplatz beherrscht, gibt Klaus Brodführer zu, junge Burschen, die er lieber nicht bekämpfen, sondern für die Demokratie gewinnen würde, weil er in ihnen auch Kinder sieht, die Selbstbestätigung suchen. "Es ist modern, rechts zu sein, es gibt manchen Leuten einen Kick, sich von der Polizei bewacht zu fühlen", sagt er.
Zwei Mal hat NPD-Nachwuchs Tommy Frenck, unterstützt von der Berliner Zentrale, mit juristischen Eingaben gegen Anordnungen des Bürgermeisters Erfolg. Die NPD erstritt sich einen Infostand auf dem Marktplatz, ein Platzverweis gegen die rechtsradikalen Jugendlichen hatte keinen Bestand. Dann änderte Klaus Brodführer, ein eher sanfter Mann, der als seine Leitschnur den Vers aus der Bergpredigt "Liebet eure Feinde" nennt, sein Verhalten. "Da stand es schon 2:0 für Frenck", sagt der Bürgermeister.
Was das Bündnis gegen Rechtsradikalismus forderte, dazu trug nun auch er maßgeblich bei: jedes Auftreten der Rechtsradikalen erfuhr eine Antwort. Und der CDU-Bürgermeister überwand seine Abneigung dagegen, "nun mit denen in einer Kirchenbank zu sitzen", gemeint sind Anhänger der "Linken" im Bündnis, die ihm seine Kirchlichkeit zu DDR-Zeiten noch vorgehalten hätten.
Alle Feuerwehrleute drohten mit Austritt, wenn der NPD-Mann beitritt
Brodführer holt zwei Ordner über die Auseinandersetzungen mit Neonazis aus dem Regal, darin sind auch die Bedrohungen enthalten, denen er seit 2004 ausgesetzt ist. Handgeschriebene Drohbriefe mit Sätzen wie "Es ist wirklich Dein Tod" sind dort abgeheftet, in seinen Namen haben die Absender ein Kreuz eingefügt. Auf dem Marktplatz demonstrierten Neonazis mit einer Eselsmaske, auf ein Schild hatten sie in fehlerhaftem Deutsch geschrieben: "Ich Esel glaube das Nationalstolz verboten werden kann. Herr Brodtführer! " Polizisten griffen nicht ein, sondern wollten von den maskierten Jugendlichen nur die Ausweise sehen. Nachts fuhren Jugendliche im Auto vor das Wohnhaus des Bürgermeisters, Nazi-Musik laut aufgedreht, das kommt immer noch vor. Aber einschüchtern lässt Brodführer sich nicht.
Als der jugendliche NPD-Führer, der mit 16 Jahren bereits Kreisvorsitzender seiner Partei wurde, in die Feuerwehr eintreten wollte, kündigten alle Mitglieder für diesen Fall ihren Austritt an, die Aufnahme wurde verweigert. Wieder zog der NPD-Mann vor Gericht, doch diesmal vergebens. Die Funktionstüchtigkeit der Feuerwehr wurde höher bewertet als das individuelle Recht des Klägers auf Mitgliedschaft.
Wird die Stadt wirklich von Neonazis geprägt?
Als die NPD im Januar eine Kundgebung auf dem Marktplatz ankündigte, reagierte das Bündnis. In der Kirche und anschließend auf dem Marktplatz fand ein Friedensgebet statt, dem Gedenken an Auschwitz gewidmet. Etwa 300 Leute, unter ihnen auch etliche frühere Kommunisten, hören der Pfarrerin zu, wie sie, während es auf dem Markt sehr still wird, ein jüdisches Gebet zum Gedenken an die Opfer des Holocaust spricht. Stunden später bleibt die von der Polizei abgeschirmte Gruppe der Rechtsradikalen unter sich, ausgepfiffen von Bürgern, die mit Trillerpfeifen gekommen sind. Schleusingen, die mittelalterliche Kleinstadt am südlichen Rand des Thüringer Waldes, ist nicht zur Frontstadt geworden.
Hildburghausen. Es gibt keinen Pegel, der misst, wie groß die extremistische Gefahr an einem Ort wirklich ist. Hier, in einer städtischen Wohnung lebt jetzt der Anführer der Schleusinger Rechten. Hat sich das Klima am Ort geändert? Wann muss man Alarm schlagen, wann sich über anderweitige politische Gegnerschaft hinwegsetzen, damit Radikale am Ort keine Macht bekommen? Superintendent Kühne, aktives Mitglied im Bündnis gegen rechts in Hildburghausen, sagt, dass er die Rechtsradikalen "sehr ernst nehme", aber er widerspricht einem Bericht in der "FAZ", in dem es heißt, die Atmosphäre der Stadt werde von Neonazis geprägt. Die Atmosphäre bestimmten doch nicht die, die auf den Stufen des Marktbrunnens herumlungerten, meint der Geistliche.
Rechte Gesinnung zeigen: "Das ist ein Trend"
Auch die erfahrene Schulleiterin Irmhild Hartmann von der Dr.-Carl-Ludwig-Nonne-Regelschule, und die Beratungslehrerin der Haupt- und Realschule sind sich nicht sicher, ob die Lage in ihrer Stadt nun alarmierend sei oder für hiesige Verhältnisse normal. Die Schulleiterin vermutet, dass es wohl überall in Deutschland Rassismus gebe. Aber sie hat an ihrer Schule Veränderungen bemerkt. Schüler tragen auf ihrer Kleidung provokante Symbole oder äußern rassistische Ansichten, wie sie in der rechten Szene verbreitet sind, einer trug ein T-Shirt mit der Aufschrift "CONS-DAPLE", das mit einer Jacke so kombiniert war, dass "NSDAP" zu lesen war.
Mehrfach hat die Schulleiterin von Schülern verlangt, dass sie sich zu Hause umziehen. Dann erhielt sie einen Brief von einer NPD-Stelle in Berlin mit der Warnung: Falls sie Schüler weiter an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit hindere, müsse sie mit einer Klage rechnen.
Rechte Gesinnung zu zeigen, "das ist ein Trend", sagt die Schulleiterin. "Ein Trend?", zweifelt die Beratungslehrerin. "Ja, doch", nickt Frau Hartmann. Dann erzählt sie noch von einem Vorfall nach einer Demonstration gegen rechts, wo ein dunkelhäutiger Junge von anderen Jugendlichen verfolgt wurde, sich aber in ein Haus retten konnte. Einer der Beteiligten, ein Schüler ihrer Schule, hatte sich auf ihr Einwirken hin später bei dem Verfolgten entschuldigt.
Fußballverein Germania, Laden Thor Steinar, Hitlers Geburtstag
In der Lokalpresse wurde mehrfach darüber berichtet, dass der arbeitslose, aus Schleusingen stammende NPD-Anführer in Hildburghausen einen Kreis von jungen Schülern um sich sammelt und einen eigenen Fußballverein namens "Germania" gegründet hat. Die Rechtsradikalen haben ihre Strategie geändert: Sie zeigen sich seltener als Bürgerschreck, leisten stattdessen "Sozialarbeit" unter Minderjährigen und gewinnen so neue Mitglieder. Und sie lernen, so zu argumentieren, dass sie auch in der Mitte der Gesellschaft Gehör finden. Dem Laden "Thor Steinar" etwa, direkt vor den Toren der Hildburghausener Altstadt, sieht man nicht an, dass mit der präsentierten Mode eine Gesinnung verbunden ist. Jacken und Hosen in Blau und Braun, dazu ein unauffälliger Aufdruck der Buchstaben "TS". Ausländerfeindlich?
"Da täuschen Sie sich absolut", behauptet Ladenbetreiber Nils Burkhard, Mitte 20, ein schmaler junger Mann mit hellblauen Augen, die einen direkt ansehen, "wir haben keine Vorurteile." Das wiederholt er mehrmals, bevor er hinzufügt: "Solange die sich anständig benehmen." Hinter ihm in der Ecke lehnt ein Mann in Militärhosen, am Hals trägt er eine winzige Tätowierung, er nickt. Leider gebe es mit Ausländern schlimme Erfahrungen, "Drogengeschäfte, Mafia, Mord, Totschlag, bis in die Familien". Besonders schlecht ist der Ladenbetreiber auf die Kirche zu sprechen. "In der Kirche zählt nur das, was die vertreten. Das kann es doch in der aufgeklärten Gesellschaft nicht sein." Hat er seine Freiheit ausgerechnet unter den Nazis gefunden? "Mit den Nazis haben wir nix zu tun", sagt er. Warum feierten seine Gesinnungsgenossen dann Hitlers Geburtstag? "Ach, das sind so Randerscheinungen", ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
Ausgerechnet der eigene Sohn geriet in die Neonaziszene
Auch in Hildburghausen arbeitet ein Bündnis gegen rechts, aber nach Aussage von Beteiligten funktioniert es nicht gut. Anhänger von CDU und SPD beteiligen sich kaum, sie kritisieren die Dominanz der "Linken". Der Sprecher des Bündnisses, Mitglied der "Linken", sagt, er würde sein Amt gern an einen Parteilosen abgeben, aber es habe sich keiner gefunden. NPD-Mann Tommy Frenck hat angekündigt, er werde bei den Kommunalwahlen gegen den Bürgermeister von der "Linken" antreten und Hildburghausen übernehmen.
Schleusingen. Dass es in der Kleinstadt gelungen ist, eine echte Bürgerinitiative zu gründen - und nicht nur ein durch politische Gegnerschaft gelähmtes Zweckbündnis - liegt am Eingreifen von Leuten wie Reinhard Hotop, Musiklehrer und gegenwärtig Hartz-IV-Empfänger, der die Sitzung des Bündnisses leitet und über den Absurditäten des Lebens auch mal in Lachen ausbricht. Hotop hat in der eigenen Familie erlebt, wie anziehend die rechte Protestszene auf Jugendliche wirkt.
Sein ältester Sohn war zeitweise in örtliche Neonazikreise geraten und hatte den Vater hautnah mit deren rüdem Umgangston "überwiegend Fäkaliensprache" - und rechter Ideologie konfrontiert. Ausgerechnet ihn, für den es "Christenpflicht ist, an der Seite der Schwachen zu stehen", und der nach seinem Theologiestudium nicht mehr Pfarrer werden wollte, weil die Kirche ihm nun zu staatsnah war.
Wichtigstes Gegenmittel: "Permanent widersprechen!"
Als wichtigstes Gegenmittel gegen den Einfluss der Rechtsradikalen nennt Hotop: "Permanent widersprechen! " Das tut er: Im Internetforum der Stadt Schleusingen forderte er den jugendlichen Anführer der NPD zu einem argumentativen Schlagabtausch heraus. Als der die "Einführung getrennter Schulklassen von Ausländern und Deutschen" oder die "Rückführung von Ausländern" forderte, stellte Hotop unbequeme Fragen danach, wie er diese Forderungen umsetzen wolle, und hielt ihm seine Antworten später wie einen Spiegel vor. Wegen menschenverachtender Witze von Neonazis wurde das städtische Forum später geschlossen.
Über "die Mär von unserem Erfolg" macht Hotop sich lustig, und trotzdem ziehen die Leute vom Bündnis eine positive Zwischenbilanz: In Schleusingen gelte es ja als unanständig, rechtsradikal zu sein, hört die Pfarrerin, wenn sie mit Leuten aus Nachbarorten zusammenkommt. Das Klima der Angst ist gewichen. Und das Bündnis hat seine Strategie geändert. Es reagiert nicht mehr nur auf Aktionen der rechten Szene, sondern setzt eigene Akzente. Auf der Tagesordnung steht die Planung für den 8. Mai und den 9. November, Feiertage, die zu DDR-Zeiten nach starrem Ritus begangen wurden und danach unbeachtet blieben.
Schleusingen feierte auf Initiative des Bündnisses am 8. Mai 2005 ein großes Fest. Zwar hatten in der Nacht zuvor Rechtsradikale Hunderte von Aufklebern "Wir feiern nicht! " in der Stadt verteilt. Aber von der Motorsportgruppe bis zu den Taubenzüchtern, die zum Abschluss Friedenstauben fliegen ließen, machte fast die ganze Stadt mit. Jetzt will das Bürgerbündnis erreichen, dass in allen Gemeinden in Thüringen und Sachsen-Anhalt am 8. Mai ein Friedensgottesdienst stattfindet, "ein Minimalprogramm auch fürs kleinste Dorf müsste möglich sein", findet die Pfarrerin. Dass bei der Planung auch Mitglieder der "Linken" dabei sind, stört sie, die als Pfarrerstochter im DDR-Staat benachteiligt wurde, nicht: "Wenn die über ihren Schatten springen und in die Kirche gehen, dann kann ich auch über meinen Schatten springen."
"Weck die tote Christenheit"
Trotzdem herrscht unter den elf Leuten vom Bündnis eine aufgeladene Stimmung. Eine Lehrerin berichtet von einem neuerlichen Vorfall, bei dem zwei Jugendliche von Anhängern der Rechtsradikalen niedergeschlagen wurden, ein Angegriffener soll einen Trommelfellriss, ein anderer einen Schädelbruch erlitten haben. Der Journalist sagt bestürzt, die Aktionen des Bündnisses träfen noch nicht den Kern. Es sollten mehr Angebote für Jugendliche gemacht werden, damit sie ihre Freizeit sinnvoll nutzen könnten. Welche Aufgabe ist am dringlichsten? Die Meinungen gehen hin und her.
Dorothea Söllig lenkt zur Planung der Gedenktage zurück, die Geschichte lebendig werden lassen und ein Gegengewicht zu einem rechtsradikal gewendeten Geschichtsbild bilden sollen. Sie erzählt, dass sie in ihrem Alltag, etwa bei Trauergesprächen, nicht nur von Jugendlichen, sondern auch von Erwachsenen rechtsradikale Parolen zu hören bekomme. Später, in kleiner Runde, werden Lieder für einen Gedenkgottesdienst ausgewählt. Je mand schlägt den Choral "Sonne der Gerechtigkeit" vor. "Dann aber bis zu der Strophe 'Weck die tote Christenheit'", sagt die Pfarrerin in ihrem leisen, bestimmten Ton. In Bezug auf Rechtsradikalismus sei die Christenheit nämlich tot. Zumindest die Christen in Schleusingen kommen einem ziemlich lebendig vor.