- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Wer einmal in New York war und halbwegs Englisch versteht, sollte in diesen Tagen den "Daily"-Podcast der New York Times abonnieren. Diese Stadt, die wie keine andere verwüstet wird vom Corona-Virus, inspiriert die Kollegen der New York Times jeden Tag zu journalistischen Glanzleistungen.
Zum Weinen der Podcast von Roger Cohen, Kolumnist und nicht für überaus religiöse Texte bekannt. Er trägt ein selbstverfasstes Gedicht vor, das fast klingt wie ein Gebet. "Ich vergebe dir dein Gewirr, deine Aggression, dein hustle und hassle" – zu Deutsch: deine Hektik und deinen Ärger. "Ich vergebe dir Macys im Weihnachtstrubel, ja, ich vergebe dir sogar die Ratten."
Eine einzige Liebeserklärung an die Stadt, wie sie einmal war, mit dem inbrünstigen Flehen zum Schluss: "Komm einfach wieder, komm zurück, bitte! Lass uns einen Deal machen." Das Lebensgefühl, das wir Weltbürger gerade alle teilen – haben wir unser Leben vor dem Virus wirklich genug wertgeschätzt? – wird hier wunderschön, fast kitschig, in Worte gefasst.
Und wenn man den Podcast einmal abonniert hat, kann man süchtig werden danach. Auch schön und wiederum zum Heulen: Die Folge vom 26. April, "The restaurant that was my life". Wie eine Restaurantbesitzerin aus dem East Village alle Höhen und Tiefen der Food Trends mitmachte. Und jetzt ihr Restaurant schließt und ihren Traum begräbt.