Direkte Sprache und schmuckloses Design: Der neue Roman „Grüne Witwe“ von Monika Goetsch
07.10.2012

Mit einem Trauerfall geht jede und jeder anders um. Begeht ein naher Angehöriger Selbstmord kommen Fragen nach dem Warum hinzu, und nach der Schuld. So erscheint der Anfang von Monika Goetschs Roman, als wolle die Autorin die unterschiedlichen Möglichkeiten, mit dem Verlust umzugehe, aufzeigen und gegeneinander stellen. Zunächst ist da Anna, die Schwester des Toten und Ich-Erzählerin. Sie sucht nach der Schuld, vor allem in sich selbst („Warum er und nicht ich“). Der beste Freund verliert sich in leeren Floskeln („Kopf hoch, das geht vorbei“). Hinzu kommen die Wut der zurück gebliebenen Ex-Frau („Meinst Du es ist einfach, allein ein Kind großzuziehen? Ich soll wohl noch Verständnis haben, was?“) und der Wunsch des Sohnes den Tod des Vaters schnell zu verdrängen und hinter sich zu lassen („Hört mir auf mit meinem Vater“).

Die Suche nach dem Grund

Anna hat sich aufgemacht in das Dorf ihrer Kindheit. An den See, an dem ihr Bruder sich erhängte und an dem ihre gemeinsame Clique vor 20 Jahren einen scheinbar endlosen Sommer verbrachte. Die Juristin überwindet ihre Ängste und fängt an tiefer zu graben. Mit zuletzt fast kriminalistischem Eifer gibt sie sich mit keinen leichten Erklärungen zufrieden, sondern sucht in den Abgründen der ehemals besten Freunde und sich selbst. Als sie sich endlich an die Aufarbeitung der Nacht vor 20 Jahren heranwagt, die ihr Leben und das der Menschen um sie herum seither überschattet, platzt der Knoten.

Die direkte Sprache und die schmucklosen Dialoge machen den Roman angenehm kurzweilig. Die gut 200 Seiten sind schnell gelesen und stehen damit im Gegensatz zum Gelesenen, in dem ein schrecklicher Sommertag mehrere Leben für immer in den Schatten stellt. Auch sonst ist die Geschichte voller spannender Gegensätze. Allen voran die warme Sommerferienstimmung in Gegenwart und Erinnerung neben Annas depressiver und trotzdem drängender Haltung.

Packend erzählt - mit kleinen Schwächen

Leider hält der Roman nicht alles, was er verspricht. Ein eher süßliches Ende lässt wichtige Fragen offen, vielleicht aus Unachtsamkeit, vielleicht auch aus Absicht. Trotzdem packt die Geschichter ihre Leser. Anna will es wissen: Wer ihr Bruder wirklich war und warum er keinen Ausweg mehr fand. Sie lässt nicht locker und übersieht dabei um ein Haar, dass die Antwort schon die ganze Zeit auf sie wartet.

Monika Goetsch: „Grüne Witwe“ ist 2012 im Dörlemann-Verlag in Zürich erschienen. Die Autorin veröffentlichte damit ihren zweiten Roman. Sie studierte Literatur-, Theater- und Kommunikationswissenschaft in München und arbeitet heute als freie Autorin in München.

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