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Es geht oft ungerecht zu im Literaturbetrieb. Manche Bücher finden nie die Beachtung, die sie verdienen. Es sei denn, glückliche Umstände führen zu ihrer Wiederentdeckung, wie im Fall von John Williams (1922–94), dessen Roman über den Universitätslehrer Stoner 2013 mit großem Erfolg ausgegraben wurde. Auch „Butcher’s Crossing“, im Original 1960 erschienen, zeigt alle Qualitäten dieses Autors. Ein junger Mann bricht sein Studium ab und macht sich mit einem Trupp von Eigenbrötlern in die Berge Colorados auf, um eine Herde Büffel aufzuspüren, die von der Ausrottung bedroht sind. Ein bewegendes Buch, das um die Suche nach Freiheit und Identität kreist und um die Lust am Töten – gespiegelt in sinnlich dichten Bildern einer grandiosen (Seelen-)Landschaft.
John Williams: Butcher’s Crossing, Übersetzung von Bernhard Robben, dtv, 21,90 Euro
Nicht minder lohnend ist es, das hierzulande fast unbekannte Werk der 1928 geborenen Engländerin Jane Gardam kennenzulernen. „Ein untadeliger Mann“ ist die Geschichte des erfolgreichen Kronanwalts Sir Edward Feathers, Filth genannt. Das Leben auf seinem Landsitz in Dorset gerät aus den Fugen, als seine Frau beim Blumenpflanzen stirbt und Filth mit einem Mal beginnt, alles infrage zu stellen. Er will der Welt nicht mehr vorspielen, ein „vollständiger, erfolgreicher Mann“ zu sein, und macht eine Reise in seine dunkle, verschwiegene Vergangenheit. Ein meisterhaft komponierter Roman, der Melancholie und (britischen) Witz bestens vereint.
Jane Gardam: Ein untadeliger Mann, Übersetzung von Isabel Bogdan, Hanser Berlin, 22,90 Euro