Tanne oder Fichte? Wir Ahnungslosen!
Tim Wegner
30.11.2020

Das schon mal vorab: Tannenzapfen stehen aufrecht auf den Zweigen und liegen niemals auf dem Boden (sind die Samenschuppen vom Wind verweht, ragt am Ende die nackte Spindel in den Himmel); Fichtenzapfen dagegen hängen am Zweig und liegen irgendwann auf dem Boden. Tannennadeln sind weich und flach und haben ein stumpfes Ende, Fichtennadeln dagegen sind stachelig, vierkantig und spitz. 

Wilhelm Bode: "Tannen. Ein Porträt"
Aus der Reihe "Naturkunden", herausgegeben von Judith Schalansky bei Matthes und Seitz, Berlin, 2020. 156 Seiten, 20 Euro

Was wir im Wald für Tannen halten, sind allermeist Fichten. Die sind beliebt in Wirtschaftswäldern, weil sie so schnell wachsen. Leider sind sie aber auch sehr anfällig für den Borkenkäfer. Es sei denn, die Fichte wächst da, wo sie eigentlich hingehört: im Bergland. Dort schafft der Borkenkäfer wegen der kurzen Sommer nämlich nicht die vier Generationen, die er braucht, um zahlenmäßig zu explodieren.

Unsere heimische Tanne ist die Weißtanne. Im Alter ist sie ein mächtiger Baum. Sie hält auch trockene Sommer aus. Ihr Nachteil: Sie wächst langsam und nur im Schutz eines "Mehrgenerationenwaldes" - da ist sie dann nämlich auch sicher vor Rehzähnen. Viele heutige Wirtschaftswälder aber setzen Baumkinder klassenweise.

Darf man denn dann überhaupt eine Tanne als Weihnachtsbaum kaufen? Aber ja, sagt Autor Wilhelm Bode. Die als Weihnachtsbaum gekaufte kaukasische Nordmannstanne wächst üblicherweise nicht im Wald, sondern in Sonderkulturen, in Plantagen, zum Beispiel unter Hochspannungsleitungen, auf ehemaligen Äckern, gern in Norddeutschland oder Dänemark. Die Weihnachtsbaumproduktion nehme dem Wald keine Fläche weg.

Man darf das Wilhelm Bode durchaus glauben, denn er ist Förster, er war Leiter der saarländischen Naturschutzbehörde, und auf seine Initiative geht es zurück, dass die deutschen Buchenwälder als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen wurden.

Ein Buch, aus dem man wirklich was lernt - und das in wenigen Stunden Lesezeit. Dazu ist es schön: außen dunkelgrün-schwarz, oben mit farbigem Kopfschnitt versehen, innen fadengeheftet, mit vielen Gemälden und Zeichnungen. Feinste Buchkultur.

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