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„Im Fernen Osten wächst eine neue Kraft heran, die in weiten Teilen undemokratisch ist und die dennoch unser Leben bestimmen wird. Es ist eine Kraft, die gleichzeitig faszinierend und unberechenbar ist: Asien“, konstatiert Andreas Lorenz, langjähriger Asien-Korrespondent des Spiegels in seinem neuen Buch.
Darin beschreibt er detailliert, welche Indizien darauf hinweisen, dass einige asiatische Länder in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zügig aufholen: etwa die sich stetig verbessernden Bildungschancen. Ganz besonders im Fokus des Autors steht China. Das Reich der Mitte, so der Journalist, tauche „inzwischen überall in der Welt auf, vor allem als Wettbewerber im Rennen um Rohstoffe und Märkte“. Und auch politisch gewinne Chinas Stimme immer mehr an Gewicht.
Soziale Ungleichheiten - sozialer Sprengstoff
Im zweiten Teil seines Buches benennt Andreas Lorenz allerdings auch Schwächen, die dafür sorgen, dass Asien die Welt wenigstens nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen wird. Noch behindern schwache Infrastrukturen eine nachhaltige Entwicklung. Territoriale Konflikte stehen einer weitreichenden Einheit Asiens im Wege. Große soziale Ungleichheiten sowie Umweltverschmutzungen im großen Stil bergen sozialen Sprengstoff.
Ist die westliche Welt diesem – mittel- bis langfristig zu erwartenden – Ansturm aus Asien gewachsen? Andreas Lorenz ist skeptisch. „Wer die Renaissance Asiens verstehen will, muss sich dem chinesischen Drachen nähern.“ Bislang sieht er zu wenig Hinweise darauf, dass sich die Europäer um eine gemeinsame Haltung für diese Begegnung bemühen.
Den "Neuen Osten" verstehen
Kein ganz neues Thema auf dem deutschen Buchmarkt, aber dennoch ein aktuelles. Für Wirtschaftswissenschaftler und international agierende Konzernmanager dürfte der Inhalt des Buches in seinen Grundthesen nur wenig Überraschendes bieten. In diesen Kreisen hat die teilweise rasante Entwicklung in einigen Teilen der asiatischen Welt längst für große Aufmerksamkeit gesorgt.
Für interessierte Laien aber, die verstehen wollen, welche Kräfte im „Neuen Osten“ am Werke sind, bieten sich faszinierende Einblicke. Mit dem Detailreichtum des Asienkenners beschreibt Andreas Lorenz eigene Erlebnisse, erläutert Hintergründe aktueller Entwicklungen, zitiert die Einschätzungen von Wirtschaftsfachleuten aus Asien und Europa.
Statt seine Leserinnen und Leser in Angst und Schrecken zu versetzen, wirbt er eindrücklich dafür, Asien begreifen zu lernen und dass Erstarken des asiatischen Raums auch als Chance für Europa zu begreifen. Ein gut lesbares Buch, das komplexe Sachverhalte anschaulich beschreibt, strukturiert zusammenfasst und den Wirtschafts-Laien weder in der Quantität noch im Duktus überfordert.
Andreas Lorenz: Die asiatische Revolution. Wie der „Neue Osten“ die Welt verändert, Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2011, 280 Seiten, 16 Euro