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Die Parklücke ist eng, die Straße steil und der Weg vereist. "Wie komme ich da nachher bloß wieder heraus?", fragt sich der Kirchgänger, als er über den verschneiten Friedhof um die weiß verputzte Laurentiuskirche stapft. Am Eingang begrüßt ihn Pfarrer Alfred Vaupel-Rathke, hinter ihm öffnet sich ein schlichter barocker Saal mit hohen Fenstern und einer Bordüre in Altrosa unter der Decke. Schön!
Auf den edlen gemaserten Holzbänken fehlt eine Gesangbuchablage, aber da sich nur 13 Besucher über das Kirchenschiff verteilen, ist auf den Bänken Platz genug, um sich auszubreiten. Die Empore ist leer, die Gemeinde sammelt gerade Geld für eine neue Orgel. Heute begleitet der Kantor vom Positiv vorne rechts. Sein Vorspiel zum Einzug von Pfarrer und Kirchenvorsteher geht in das erste Lied über: "Komm, Heiliger Geist".
"Wie schön leuchtet der Morgenstern", singt die Gemeinde, als der verspätete Lektor den Weg zur Bank findet. "Im Namen des Vaters und des Sohnes", eröffnet Vaupel-Rathke den Gottesdienst. Seine Stimme, durch ein unsichtbares Mikro verstärkt, erfüllt den Raum und hüllt den Kirchgänger wohlig ein. Weil sie hallt, muss er genau hinhören, um die Psalmworte über König Davids Erwählung zu verstehen.
Die Frage, mit der Vaupel-Rathke seine Predigt eröffnet, ist wirklich interessant: Wer gehört eigentlich zu Gottes Kirche? Und: "Wo würde Gott die Grenzen unserer Kirche ziehen?" Die eigentliche Kirche Gottes sei unsichtbar, so hätten es sich mittelalterliche Theologen vorgestellt: Unsichtbar für uns, sichtbar nur für Gott, der die Herzen der Menschen sieht.
Der Prediger liest aus dem Römerbrief vor und folgert aus dem Gelesenen: Das wichtigste Merkmal einer Gemeinde sei, dass sie aus der Barmherzigkeit Gottes lebe. Auch ein spannender Gedanke, denkt der Kirchgänger, nur wie sieht das praktisch aus? Leider wird die Predigt jetzt etwas kleinteiliger. Vaupel-Rathke räsoniert über die Aktivitäten in seinem Jahresplaner, über Gemeindegruppen und -kreise und dass man sich mutig und kritisch fragen solle: Ist das alles wirklich nötig?
Diese Frage kommt dem Kirchgänger gar nicht mutig und kritisch vor. Und während Vaupel-Rathke souverän die Liturgie fortführt, während die Gemeinde zu Fürbitte ("für Gemeinschaften, die einander Halt geben, und für Gemeinschaften, die einander zur Hölle werden"), Vaterunser und Segenslied aufsteht, überlegt der Kirchgänger, ob er wohl selbst aus der Barmherzigkeit Gottes lebt. Lebt er schon aus ihr, wenn er gleich mit Gottvertrauen und ohne Angst vor Dellen am Nachbarauto den Wagen aus der engen, steilen und vereisten Parklücke herauslenkt? Oder wäre das zu banal?
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