- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
The Outrun (Deutschland/Großbritannien 2023)
Die deutsche Regisseurin Nora Fingscheidt ("systemsprenger") erzählt in ihrem neuen Film "The Outrun" die Geschichte der Alkoholikerin Rona. Sie ist nach einem Entzug in ihre Heimat, den Orkneyinseln an der Spitze Schottlands, zurückgekehrt. Mühsam versucht sie sich hier zurück ins Leben zu kämpfen und ihrer schwierigen Familiengeschichte zu stellen. Einfühlsam und vollkommen wertfrei verdeutlicht der Film die Macht der Alkoholsucht und zeigt auch darüber hinaus ein berührendes Personen-Porträt. Dabei überzeugt der Film durch ungewöhnliche erzählerische und ästhetische Zugriffe. Während Rückblenden die Zeit vor dem Entzug zeigen und experimentelle Einschübe Einblicke in Ronas innere Welt geben, ist die Haupthandlung geprägt von betörenden Aufnahmen der Natur, die für Rona nach und nach eine heilende Kraft entfaltet. Getragen wird der Film von der brillanten Saoirse Ronan, die sich hier förmlich die Seele aus dem Leib spielt.
Ausführliche Kritik bei epd-Film.
Regie: Nora Fingscheidt. Buch: Amy Liprot, Nora Fingscheidt. Mit: Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Stephen Dillane, Saskia Reeves. Länge: 119 Minuten. FSK: ab 12 Jahren.
A Different Man (USA 2024)
Der in New York lebende, einsame Schauspieler Edward (Sebastian Stan) leidet an Neurofibromatose, eine Erbkrankheit, die zur Folge hat, dass sein Gesicht von zahllosen Tumoren überwuchert ist. Dank einer neuen Behandlungsmethode gelingt es, sein entstelltes Antlitz abzulegen. Nicht wiederzuerkennen, wird er zum erfolgreichen Geschäftsmann und Frauenheld. Dann trifft er jedoch Ingrid (Renate Reinsve) wieder, zu der sich vor seiner Verwandlung eine zarte Liebesbeziehung entwickelt hatte, die aber nichts von seiner neuen Identität weiß. Ingrid will ein Theaterstück namens »Edward« über einen Mann mit Neurofibromatose zur Aufführung bringen. Edward meldet sich als Schauspieler für das Stück, die Rolle bekommt aber Oswald (Adam Pearson), ein vor Lebensfreude und Souveränität nur so strotzenden Mann mit praktisch den gleichen Wucherungen. Ein Umstand, der Edward in eine schwere Identitätskrise stürzt. "A Different Man" ist ein waghalsiger Film, der sich in seinem Ideenreichtum manchmal zu verzetteln droht, mit seinen Fragen nach Identität und Außenwirkung aber die komplette Zeit über fesselt.
Ausführliche Kritik bei epd-Film.
Regie und Buch: Aaron Schimberg. Mit: Sebastian Stan, Renate Reinsve, Adam Pearson. Länge: 112 Minuten. FSK: ab 12 Jahren.
Pol Pot Dancing (Deutschland/Norwegen 2023)
Pol Pot und seine "Roten Khmer" zeichneten in nur vier Jahren Terrorherrschaft Kambodscha für immer. Ein Viertel der Bevölkerung wurde zwischen 1975 und 1979 umgebracht, in einem bizarren Wüten gegen alles Moderne, gegen Intellektuelle, Kunst und Kultur. Der vor allem durch Musikdokumentationen wie "Rhythm Is It" (2004) oder "A Symphony of Noise" (2021) bekannt gewordene Filmemacher Enrique Sánchez Lansch begibt sich auf die Spuren dieser Schreckenszeit. Im Mittelpunkt steht dabei die Tänzerin Chea Samy, die vor der Schreckensherrschaft Starsolistin im Tanzensemble des Königspalasts war und deren Schicksal auf erstaunliche Weise mit dem von Pol Pot verbunden ist. Der Film verbindet die Annäherung an die Traumata eines Landes mit beeindruckenden Einblicken in die kambodschanische Kultur. Etwas zu kurz kommen die Gründe für Pol Pots Wandlung zum Massenmörder und warum die befremdliche Ideologie der "Roten Khmer" so viele Anhänger fand.
Ausführliche Kritik bei epd-Film.
Regie und Buch: Enrique Sánchez Lansch. Länge: 116 Minuten. FSK: ab 12 Jahren.
Reinas – Die Königinnen (Schweiz/Peru/Spanien 2024)
Lima im Sommer 1992. Elena und ihre Mädchen Lucia und Aurora bereiten ihre Abreise von Peru, wo sich soziale und politische Unruhen breitmachen, in die USA vor. Um ihre Töchter mitzunehmen, benötigt Elena allerdings die Einverständniserklärung von Carlos, ihrem Ex-Mann und Vater von Lucia und Aurora. Dieser willigt unter der Bedingung ein, dass er, bevor er unterschreibt, noch einmal Zeit mit seinen Töchtern verbringen darf. Nach langer Zeit der Abwesenheit ruft diese Wiederbegegnung höchst zwiespältige Gefühle hervor. Die schweizerisch-peruanische Regisseurin Klaudia Reynicke erzählt leise und umsichtig von familiären Konflikten und dem Heranwachsen der jugendlichen Protagonistinnen. Für die Schweiz geht der, auf der Berlinale in der Sektion Kplus ausgezeichnete, Film ins Rennen um den Auslandsoscar.
Ausführliche Kritik bei epd-Film.
Regie: Klaudia Reynicke. Buch: Klaudia Reynicke, Diego Vega Vidal. Mit: Abril Gjurinovic, Luana Vega, Gonzalo Molina, Jimena Lindo, Susi Sánchez. Länge: 102 Minuten. FSK: ohne Angabe. FBW: wertvoll.