Hochwasser-Flut in Deutschland
Sie wollte sterben
Sie hat immer noch Alpträume von der Flutnacht 2021. Maf Räderscheidt wollte nicht mehr leben. Das Wasser hatte ihr Lebenswerk weggerissen. Wie es kam, dass sie jetzt wieder gern lebt. Und malt. Und malt . . .
Portrait MAF Räderscheidt
Sandra Stein
Tim Wegner
Sandra SteinPrivat
Aktualisiert am 11.09.2024
12Min

Sie hätte nicht gedacht, dass sie es noch mal zurück ins Leben schaffen würde. Denn eigentlich wollte die Malerin und ­Autorin Maf Räder­scheidt sich niederlegen und sterben, nachdem die Flut fast ihr ganzes Lebenswerk weggespült hatte. Das Hochwasser wegen Dauerregens in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 vernichtete nicht nur im engen Ahrtal zahllose Existenzen, sondern auch rund 50 Kilometer weiter westlich in der Nordeifel.

Am Morgen nach der Flut schlug sich Maf Räderscheidt von ihrem Wohnhaus in Schleiden quer durch den verschlammten Wald – die Straßen waren versperrt von auf dem Rücken liegenden Autos. Sie wollte zum Ortsteil Gemünd, wo sie ihr Atelier, ihre Galerie und vor allem ihr Archiv hatte.

Dann stand ich auf der Brücke beim Heiligen Nepomuk und blickte zu meinem Laden: Jetzt war da ein schwarzes Loch.

Dreieinhalb Meter hoch war die Flutwelle durchs Haus gerast. Die Mülltonnen hingen noch oben im ­ers­ten Stock im Fenster. Das Wasser hat die ­Schaufens­terscheibe rausgerissen, das fest verklebte Linoleum, die kostbaren schweren Steine für den Steindruck . . . alles weg. Die Bilder, von Kunden bestellt und bereits bezahlt. Die großen Container, in die schon die Werke für drei Ausstellungen gepackt waren. Tausende Ölgemälde und Aquarelle . . . Was Sie halt malen, wenn Sie Ihr ganzes Leben keinen Urlaub machen, kein ­Wochenende und auch nicht ausgehen. Sex und Drugs und Rock ’n’ Roll ist schön, aber für andere Künstler, ich hab immer gearbeitet.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

selten habe ich mich über einen Artikel in Ihrer Zeitschrift so geärgert wie über diesen. Vielleicht, weil ich auch meine Erfahrungen mit dieser Flut gemacht habe (Gebäudeschaden über 100.000€). Das Gefühl der Hilflosigkeit kann ich nachvollziehen, aber warum andere damit belästigen, die es eben nicht nachvollziehen können? Es wird langwierig geschildert, dass die Frau nichts, rein gar nichts getan hat, außer sich zu beklagen und in Selbstmitleid zu versinken. Heul doch, möchte man ihr zurufen, aber das tut sie ja reichlich. Schockstarre ist zwar verständlich, aber nichts, was man anderen mitteilen sollte, geschweige denn stolz darauf sein könnte.
Ja, es war ein erschreckendes Erlebnis für uns alle, und die Erfahrungen, die wir in diesem Zusammenhang mit unseren Mitmenschen gemacht haben, sind höchst unterschiedlich. Ich entnehme vielen Schilderungen, dass Menschen nach der Flut positive Erfahrungen mit der Hilfsbereitschaft anderer gemacht haben. Ich habe diese Erfahrung nicht gemacht. Wie heißt es doch so schön? Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Mit freundlichen Grüßen,

G. Auge

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ähnliches habe ich auch erlebt. Meine Sympathie geht aus zu ihr. Ich hatte nur einen kleinen Aufsatz darüber geschrieben, irgendwann viel später, aber diese unerwarteten Wasser ("Reissende Fluten") waren letztlich Auslöser des Umsturzes meines Lebens.