"Wie Sie wissen, ist am Sonntag die Ehe für alle leider besiegelt worden. Ich möchte wissen, was das für unsere lutherische Kirche in Zürich heißt. In Deutschland herrscht fast AUCH in allen lutherischen Kirchen ein sodomischer Zustand." Das schrieb mir ein Mitglied unserer Kirchengemeinde gleich nach dem Abstimmungssonntag. Er ist aber die Ausnahme. Insgesamt gibt es kaum negative Reaktionen. Die Reformierte Kirche Zürich ist LGBTQ-freundlich, sie hat sogar eine eigene Pfarrerin für diese Community. Unser Gemeindevorstand votierte einstimmig mit Ja.
Thomas Risel
Die Schweiz hatte in einem Volksentscheid am 26. September mit 64,1 Prozent dafür gestimmt, dass homosexuelle Paare heiraten dürfen. Acht Jahre wurde im Parlament intensiv darüber diskutiert. Die Schweiz ist in Europa spät dran mit diesem Beschluss. Allerdings ist er besonders fortschrittlich. Mit dem Gang zum Standesamt erhalten die Paare künftig das Recht, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Partner:innen aus dem Ausland können vereinfacht eingebürgert werden. Lesbische Paare erhalten den Zugang zur Samenbank. Und beide Mütter sind als Eltern anerkannt. In Deutschland muss der nicht biologische Elternteil das Kind erst adoptieren.
"Selbst Schwyz sagt Ja zur Ehe für alle."
Der gesamte Bundesrat, zu dem auch konservative Parteien gehören, hat ebenso wie die evangelisch-reformierte Kirche für ein Ja geworben. Die "Neue Zürcher Zeitung" titelte am Tag danach: "Selbst Schwyz sagt Ja zur Ehe für alle." Schwyz ist einer der konservativsten, traditionellsten (Ur-)Kantone der Schweiz. Alle anderen Kantone stimmten übrigens auch mit Ja.
Viele Menschen fühlen hier so selbstverständlich, wie es die zuständige Bundesrätin Karin Keller-Sutter formulierte: "Wer sich liebt, soll heiraten dürfen."