Susanne Breit-Keßler Fest
Susanne Breit-Keßler
Hurra, ein Fest!
Warum soll sich die Welt nicht mitfreuen?
31.08.2021

Meine Mutter hat sich geniert, wenn ich als kleines Mädchen aller Welt mitteilte, dass ich demnächst Geburtstag habe. Sie war peinlich berührt und ich verstehe das heute. Meine Begeisterung konnte bei übelmeinenden Menschen den Eindruck erwecken, ich hätte es auf Geschenke abgesehen. Das war aber niemals der Fall - ich war an diesen Tagen einfach glücklich über mein kleines Leben und wollte meine Freude mit jedem teilen.

Die Scham meiner Mutter kann ich rational nachvollziehen. Ihr war wichtig, dass die Leute nicht schlecht über uns denken. Meine Eltern waren nicht verheiratet und ich ein uneheliches Kind. Das stellte damals einen Skandal dar. Da verhielt man sich wohl besser unauffällig. Das ist mir allerdings nicht gelungen. Ich posaunte munter weiter hinaus, wenn irgendein „freudiges Ereignis“ bevorstand. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Hakuna Matata

Jetzt ist es mein Mann, der sich über mehr Zurückhaltung freuen würde. Wir haben keinen Skandal an der Backe und sind seit 22 Jahren verheiratet. Er ist mehr introvertiert, während ich nach wie vor platze vor Wonne. Am schlimmsten war es für den mir Angetrauten, als ich in einem Hotel auf Sansibar jemandem vom Personal anvertraute, dass wir bald Hochzeitstag haben. Vor dem Abendessen tauchte das Service-Team im Restaurant auf.

Die Männer und Frauen tanzten um uns herum und sangen auf Suaheli „Hakuna Matata“. Alles in Ordnung, heißt das, du sollst keine Sorgen haben. Mein Mann sah so aus, als würde er in der nächsten Sekunde unter dem Tisch verschwinden. Oder abreisen und sich scheiden lassen. Aber ich glaube, er liebt mich. Deswegen habe ich letzte Woche dem Chef unseres Lieblingsrestaurants erzählt, dass wir Hochzeitstag …

Wir bekamen nach dem Essen unauffällig eine kleine, feine Dessertplatte mit aufgemalten Wünschen aus Schokolade serviert. Einer von uns beiden atmete hörbar auf. Jetzt sage ich aber mal nicht, wer.

Vom Blog zum Buch:
Sie wollen mehr lesen? Dann gibt es jetzt das Buch dazu von Susanne Breit-Keßler

"Prost Mahlzeit!".  Für gute Laune beim Kochen, mit vielen Rezepten, Kolumnen und Illustrationen. edition chrismon, 144 Seiten

 

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.

Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.