- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Ob man will oder nicht: Wer an "Gone with the Wind" denkt, hat Filmbilder, hat Vivien Leigh und Clark Gable vor Augen. Zu Unrecht ist darüber Margaret Mitchells großer Roman aus dem Jahr 1936 in den Hintergrund gerückt – ein Missverhältnis, das nun eine famose Neuübersetzung zu ändern vermag. Mitchells Südstaatenroman, der sich über die Jahre 1861 bis 1873 erstreckt, ist ein brillant geschriebenes historisches Epos, ein Liebesroman, der keine Abgründe scheut, und ein Buch, das unverwechselbare Charaktere – Scarlett, Ashley, Rhett, Mammy – vor den Hintergrund von Sezessionskrieg und "Reconstruction" stellt. Und eines, das zur Diskussion darüber anregt, wie man heute als Übersetzer den Duktus einer Gesellschaft, für die Sklavenhaltung selbstverständlich war, angemessen wiedergibt.
Der 1961 geborene Stewart O’Nan taucht in die US-Gegenwart ein und knüpft mit "Henry persönlich" an seinen Erfolgsroman "Emily, allein" an. Fünfzig Jahre sind die in Pittsburgh lebenden Emily und Henry verheiratet, und was den Alltag eines solchen Paares ausmacht, zeigt O’Nan in größter erzählerischer Gelassenheit. Viel hat Henry, der Mittsiebziger, nicht mehr zu tun. Er ärgert sich beim Autofahren, wirft den Grill an, steht ratlos vor Supermarktregalen, sorgt sich um seine Kinder und um seinen bescheidenen Wohlstand – und sieht den Tod langsam näher rücken. Ein großartiges Porträt eines Mannes, einer Ehe und der US-Gesellschaft.