Am 19. Februar mussten neun junge Hanauer sterben, weil der Täter sie als Fremde erachtete. Das ist ungeheuerlich. Wütend macht mich aber nicht nur die "zutiefst rassistische Gesinnung" von Tobias R., wie es der Generalbundesanwalt nannte. Wütend macht mich auch, wie die Opfer als Tote von Migrantenorganisationen, der türkischen Regierung und Islamverbänden für ihre politischen und ideologischen Zwecke instrumentalisiert wurden.
Canan Topçu
Die einen vereinnahmen die Opfer, indem sie die Tat als gezielt auf Muslime verübten Anschlag deuteten, andere für ihre nationalistische Identitätspolitik. Besonders perfide war die türkische Regierung: Sie mobilisierte über den Islamverband Ditib und türkisch-nationalistische Verbände Tausende von Menschen für eine Machtdemonstration auf Hanaus Straßen. Warum kann man die Ermordeten nicht einfach Menschen sein lassen? Mit Identitäten, die sich wie bei allen Menschen aus vielen unterschiedlichen Quellen und Erfahrungen zusammensetzen? Sie auf ein einziges Merkmal zu reduzieren, verhöhnt sie und ihre Angehörigen.
Deutlich wurde nach den rassistisch motivierten Morden aber noch etwas anderes: dass sich Politiker und Parteien in diesem Land mehr als bisher für eine plurale Gesellschaft engagieren müssen und auch dafür einstehen.