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Der heute vollzogene Brexit ist für mich zu traurig, als dass ich darüber etwas schreiben wollte. Wer an weisen Worten über diese Tragödie interessiert ist, greife zur heutigen Süddeutschen Zeitung und lese, was Julian Barnes zu sagen hat. (Ich lese übrigens gerade mit höchstem Entzücken sein neues Buch mit Aufsätzen über Maler und Bilder: „Kunst sehen“. Ich kann es nur empfehlen.)
Stattdessen möchte ich zu unser aller Trost und Erbauung etwas Schönes berichten. Gestern durfte ich einen langen, ruhigen Blick in die frisch sanierte Friedrichswerdersche Kirche in der Mitte Berlins werfen. Sie erinnern sich: Diese unvergleichliche Schinkel-Kirche gegenüber vom Außenministerium wurde durch Bauarbeiten für höchstpreisige Immobilien schwer verletzt – ein ungeheuerlicher Bauskandal, für den vor allem die Berliner Politik und Verwaltung verantwortlich sind. Doch inzwischen wurde diese Kirche aufwendig saniert – der Verursacher hat bezahlt – und erstrahlt in altem, neuem Zauber und eleganter, menschenfreundlicher Erhabenheit. Ich liebe besonders die träumerischen Fenster über dem Altar.
Für die Öffentlichkeit ist die Kirche ab Ende September diesen Jahres wieder regulär zugänglich. Dann wird die alte Nationalgalerie hier wie bisher ihre Skulpturensammlung zeigen. Schön wäre es natürlich gewesen, wenn die Kirchengemeinde, der dieser Bau gehört, hier wieder eingezogen wäre. Das blieb ein Traum. Doch dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, seit längerem hier Pächterin, diese Kirche weiterhin für ihre Kunst nutzt, ist auch sehr beglückend. Mit großem Einsatz hat sie in den vergangenen Jahren für diese Kirche gekämpft. Eigentlich müsste man der Stiftung Preußischer Kulturbesitz dafür den alten kirchlichen Ehrentitel „Defensor Fidei“ („Verteidiger des Glaubens“) verleihen. Doch da fällt mir ein: Ein Papst hatte mit ihm voreilig schon King Henry VIII. ausgezeichnet, bevor er England von Rom abtrennte – womit wir wieder beim Brexit sind, über den ich doch gar nicht schreiben wollte.
Wer schon jetzt einen Blick in diese zauberhafte Kirche hineinwerfen möchte, kann dies an besonderen Führungen am Wochenende tun. Aber bitte rechtzeitig anmelden. Beim letzten Mal kamen über 10.000 Menschen. Die Berliner wissen eben, was sie an der Friedrichswerderschen Kirche haben.