Typ "Christkind" – da stimmt was nicht . . .
Egal, ob es ein Psychotest, eine Umfrage oder eine dubiose Studie ist: permanent wird man als "Typ" eingeordnet.
Tim Wegner
28.11.2018

Ich bin der Typ "Heavy Frühstücker", weil ich jeden Morgen "mit einer ersten Mahlzeit in den Tag starte und eine Zeitung lese". Aha. Die Hochburg dieses "Frühstückstyps" liegt in Brandenburg. Da ich mein Müsli mal in Hessen, mal in Nord­rhein-Westfalen anrühre, bin ich nicht sicher: Muss ich mir Sorgen um mich machen? Da ich beim Frühstück Zeitung lese, habe ich um 6.30 Uhr nur wenig Augen und ­Ohren für die anderen am Tisch. Das gäbe aber Punkte beim "Achtsamkeitstest". Der machte mich schon bei Ankunft in meinem Mailfach sauer. "Welcher Achtsamkeitstyp sind Sie?" – was ist das denn für eine blöde Suggestivfrage? Und wenn ich gar nicht achtsam sein möchte, weil ich das für eine gequirlte Lifestyle-­Mode halte? Dann geht es mir so, wie wenn man Kinder fragt: Magst du Brokkoli oder Spinat? Dabei hassen sie grünes Gemüse.

Tim Wegner

Ursula Ott

Ursula Ott ist Chefredakteurin von chrismon und der digitalen Kommunikation im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik gGmbH. Sie studierte Diplom-Journalistik in München und Paris und besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Sie arbeitete als Gerichtsreporterin bei der "Frankfurter Rundschau", als Redakteurin bei "Emma", als Autorin und Kolumnistin bei der "Woche", bei der "Brigitte" und bei "Sonntag aktuell" sowie als freie Autorin für Radio und Fernsehen. 2020 und 2021 wurde sie unter die 10 besten Chefredakteur*innen des Jahres gewählt. 2019 schrieb sie den Bestseller "Das Haus meiner Eltern hat viele Räume. Vom Loslassen, Ausräumen und Bewahren".

Der Achtsamkeitstest ist gesponsert von ­einer Wund- und Heilsalbe, die auf Platz 5 der meistverkauften Medikamente in Deutschland rangiert. Der Frühstückstest ist eine Marketingaktion der Zeitungsverlage. Und die unzähligen Tests "Welcher Weihnachtstyp bist du?" gibt’s von Frauenzeitschriften und der Verbraucherzentrale. Die Weihnachtstests sind besonders trist, denn es geht meistens um mäßig existenzielle Fragen: Silberne oder rote Glaskugeln? Wachskerzen oder Lichterketten? Braten oder vegan? Bei einem der Tests, die ich gemacht habe, kam heraus: "Ursula, du bist ein Christkind!" Einspruch! Das Christkind will uns ja gerade sagen: Gott ist Mensch ge­worden. Ein anderer werden, das ist ein Grundgedanke in der Bibel. Nicht immer derselbe "Typ Mensch". Saulus wurde sogar Paulus. Und ich, Ursula Ott, soll immer nur derselbe Typ Frühstück, Achtsamkeit und Heiligabend sein? Bitte gebt mir Wundsalbe!

Wenn wir alle an Heiligabend immer nur das veranstalten, was wir seit 30 Jahren so ­machen, dann wird es für manche richtig hart: für die frisch Getrennten, für die Witwen, für unsere neuen Nachbarn aus Aleppo. Man kann gerade Weihachten auch mal anders feiern: Ideen finden Sie hier. Noch ist Zeit für die Planung. Machen Sie was draus!

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