Ja, wo sind wir denn hier gelandet? Gewiss, die Landschaften Südtirols sind großes Kino, die Sonne scheint verlässlich, und was sich so alles auf den Speisekarten, Kellereien und Bauernmärkten anbietet, schmeichelt wahrhaft dem Gaumen. Aber – und das lässt sich täglich in eindrucksvollen Fotos in der hiesigen Tageszeitung nachvollziehen – in den Bergen lauert die Gefahr. Wölfe und Bären treiben ihr grausames Unwesen. Sie reißen Rehe und gelegentlich auch Schafe und Kälber auf den Almen. Man ist besorgt: Werden sich die Urlauber, die neben dem Obst- und Weinbau wesentlich zum Wohlstand der autonomen Provinz Südtirol beitragen, abschrecken lassen?
Michael Jäger
Aber damit nicht genug. Auch drunten im Tal muss man aufpassen, sonst kann es leicht unangenehm werden. Das erlebte kürzlich erst Ivo Muser, katholischer Bischof in Südtirol, der zum Teil heftige Reaktionen auf seine Weihnachtspredigt bekam. Was war geschehen? Die neue Regierung in Österreich hatte Ende 2017 angekündigt, den Südtirolern die doppelte Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Einige politische Gruppen in Südtirol begrüßten das, andere befürchteten, dass dies die Gesellschaft spalten würde. Denn da fängt es ja schon an: Sollte es einen Doppelpass nur für die Deutsch- und Ladinischsprachigen geben – das sind etwa zwei Drittel der rund 500 000 Einwohner – oder doch für alle?
Bischof Muser warnte in der Kirche davor, alte Gräben wieder neu zu vertiefen und das mühsam erarbeitete Miteinander von Südtirolern und Italienern ohne Not zu gefährden. Dafür erntete er zum Teil üble Kommentare. Ist schon ein besonderes Land, dieses Südtirol. Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch die kleine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bozen autonom ist und gut damit fährt. Aber das ist jetzt wirklich ein anderes Thema.