Tinder & Co.
Young woman using smart phone,Social media concept
Getty Images/iStockphoto/kumeda
„Tinder & Co. bedienen den Narzissmus“
Millionen Menschen gehen im Internet auf Partnersuche. Welchen Einfluss hat das auf Gefühle und Dating-Verhalten? Stefanie Nickel vom Marktforschungsunternehmens Rheingold Salon hat bei den Suchenden nachgeforscht.
Elena WinterhalterPrivat
20.03.2018

chrismon: Frau Nickel, Tinder oder Elitepartner?

Stefanie Nickel: Weder noch. Ich lebe in einer Beziehung. Allerdings habe ich meinen Partner online kennengelernt.

Von was reden Sie, wenn Sie Onlinedating sagen?

Das Spektrum reicht von Portalen wie Parship und Elitepartner bis zu Apps wie Tinder.

Werfen Sie da nicht lockeres Spiel und ernsthafte ­Beziehungssuche in einen Topf?

Eigentlich sehnten sich viele Probanden danach, die Liebe zu finden. Dass Tinder eher für ein Abenteuer steht und Elitepartner für den ernsthaften Versuch, jemanden kennenzulernen, ist nach unserer Feststellung ein Vorurteil.

Roland Breitschuh

Stefanie Nickel

Stefanie Nickel
 ist Director ­
Strategy & Research 
bei Rheingold ­
Salon. Seit sie 
ihren Partner 
im ­Internet kennen­gelernt hat, 
ist sie in Sachen 
Liebe offline.

In Ihrer Studie sagen Sie, dass für viele Befragte ­Onlinedating ein peinliches Reizthema ist. Wieso?

Weil Menschen zur Ware werden. Und es bedient den ­Narzissmus. Beim Onlinedating geht es viel um einen selbst, um Bestätigung und den eigenen Marktwert.

Widerspricht das nicht der ernsthaften Partnersuche?

Stimmt. Das Verhalten passt oft nicht zu der Sehnsucht nach Liebe. Nur ist es online scheinbar so einfach. Per­manent habe ich eine große Auswahl an potenziellen ­Partnern vor der Nase. Dating wird kontrollierbar. Ich ­laufe nicht Gefahr, einen Korb zu bekommen.

Auch online kann ich abgewiesen werden.

Ja, aber der digitale Korb ist nicht so schlimm, weil ich sofort weiterklicken kann. Es kommt keine Traurigkeit auf.

Schließt Onlinedating eine ernsthafte Beziehungssuche aus?

Nein! Es kann funktionieren. Eine Teilnehmerin der Studie hat ein „Tinderbaby“ und führt eine Beziehung mit ihrem damaligen Match. Aber: Leute, bei denen es klappt, verlassen die Datingportale relativ schnell. Wenn ich bei der kleinsten Macke des anderen die Delete-Taste drücke und das nächste Profil poppt auf, ist das kein ernsthaftes ­Einlassen. Wer es ernst meint, sollte sich abmelden.

Darf ich dann auch nicht mehr in die Disco gehen, nur weil ich mich auf jemanden eingelassen habe?

Nein, natürlich ist es nicht sinnvoll, sich vor anderen zu verschließen. Zum Problem wird, dass es online so einfach ist. Im Trainingsanzug auf dem Sofa sitzend lässt sich das nächste Date klarmachen. In der Disco ist die Chance, jemanden zu treffen, nicht so groß.

Was raten Sie? Wie mit Onlinedating umgehen?

Die Onlinepartnersuche ist eine Möglichkeit für den ­ersten Kontakt neben anderen, wie Kneipe oder Supermarkt. Man sollte die Onlinebekanntschaft aber mit derselben Verbindlichkeit behandeln wie die aus dem Supermarkt.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.