Es war eine mühsame Schleppfahrt, bis Unionsparteien und SPD endlich einen Koalitionsvertrag zustande gebracht hatten. Gemessen daran, welche Bedeutung die Sozialdemokraten zuvor den Themen befristete Arbeitsverträge und Zweiklassenmedizin zugemessen hatten, fragt man sich, warum das alles so quälend lange gedauert hat. Denn das Ergebnis ist bescheiden. Die SPD-Unterhändler konnten bei den Themen in der Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik keine weitgehenden Änderungen durchsetzen. „Sachgrundlose Befristungen“ von Arbeitsverträgen ganz abzuschaffen ist ihnen nicht gelungen, diese sollen nur etwas eingeschränkt werden – am wenigsten übrigens im öffentlichen Dienst, wo überproportional viele Angestellte befristet beschäftigt werden. Die SPD hat auch nicht erreicht, mit der Abschaffung der Zweiklassenmedizin zu beginnen, indem die Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten einander angeglichen werden. Hier funktioniert der alte Politikertrick: Man richtet eine Kommission ein, die bis Ende 2019 Reformvorschläge machen soll. Ob diese Vorschläge dann umgesetzt werden, steht in den Sternen.
8000 neue Pflege-Stellen sind absurd wenig
Beim Thema Pflege fehlt schon gar der Mut zu strukturellen Veränderungen. Auch die Diakonie Deutschland beklagt das. 8000 neue Stellen (in Worten: achttausend) sollen in der Pflege entstehen, wohlbemerkt bundesweit und auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen. Das ist absurd wenig. Allein in Hessen wären mehr als 6000 zusätzliche Stellen notwendig, haben die Wohlfahrtsverbände errechnet. In der Flüchtlingspolitik enttäuschen die Ergebnisse nicht weniger. „Die Beschränkung beim Familiennachzug auf 1000 Personen im Monat ist kleinherzig“, findet auch der Diakonie-Präsident Lilie, und damit untertreibt er vornehm. Und beim Klimaschutz – der evangelischen Kirche ebenfalls wichtig – treten die Koalitionäre auf der Stelle.
Dass es in Zukunft in der Bundesregierung einen Beauftragten für Religionsfreiheit geben soll, ist ein erfreulicher Einzelaspekt. Verletzungen der Religionsfreiheit sind oft Gradmesser für weitere Menschenrechtsverletzungen. Dass dann alle zwei Jahre ein Bericht zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit im Bundestag diskutiert werden wird, stellt sicher, dass dieses Thema mehr politisches Gewicht bekommt.