- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Geheimnis umwittert und von Mythen umrankt, so stellt sich der Laie das Atelier eines Künstlers vor. Da ist es doch eine schöne neue Sitte, dass immer mehr Städte „Tage des offenen Ateliers“ anbieten. Man sollte sie unbedingt wahrnehmen. Denn so kann man Künstler an ihrer Arbeitsstelle und ihre Werke am Ort der Entstehung kennenlernen. Zudem kommt man in Stadtteile, in die einen sonst nichts gelockt hätte, in Straßen, wo es noch bezahlbare Räume gibt, in Quartiere, in denen langsam etwas Neues heranwächst. Für die Künstler ist der ungewöhnliche Besuch hoffentlich eine erfreuliche Abwechslung. Manchmal sind Ateliers ja auch ziemlich einsame Orte. Auch kann es nicht schaden, wenn man neue Kunden gewinnt.
So sind wir gestern durch Hamburgs Osten geradelt, haben einen Künstler in seiner Wohnung besucht, der Bilder zu allen einhundert Gesängen von Dantes „Göttlicher Komödie“ gemalt hat, oder sind durch ein ehemaliges Krankenhaus gegangen, in dem jetzt Malerinnen und Illustratorinnen arbeiten. Ohne es zu wissen aber, haben wir uns das Schönste für den Schluss aufgehoben. Neben einem Großhandel für Tierfutter und über einem Fitness-Studio liegt das Atelier von Jacqueline Christiansen. Sie ist eine Sachen-Finderin. Auf langen Spaziergängen an Hamburgs Elbufer oder anderswo findet sie erstaunliche Dinge, aus denen sie dann ganz eigene Kunstwerke komponiert. Scheinbar banale Objekte, oft von Wind und Wetter auf das Wesentliche reduziert, gewinnen so eine neue, schwer zu beschreibende Bedeutung, eine überraschende Schönheit. Ein stiller Humor umgibt einige von ihnen. Sie wirken heiter, ohne lustig zu sein.