Franziska Neubecker, Gründerin der Lichtwarkschule in Hamburg:
Kinder mit auffälligem Verhalten stoßen oft auf Ablehnung. Sie merken, dass sie nicht ankommen und kapseln sich ab. Um genau diese Kinder geht es in der LichtwarkSchule. Hier fördern ausgebildete Künstler und freiwillige Helfer die künstlerische Entwicklung von Kindern aus schwierigen Familien: Viele wurden einfach vor dem Fernseher abgestellt, haben Gewalt erfahren oder Eltern mit Suchtproblemen.
Momentan betreuen wir 460 Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren. Die sind nicht immer einfach! Wer erwartet, dass sie brav sitzen bleiben, während man etwas vorliest, irrt sich. Manchmal kommen die Kinder bei ihren Arbeiten nicht weiter. Dann beharren wir nicht darauf, dass sie irgendwie weitermachen, sondern bieten ihnen andere Beschäftigungen an. Wir wollen ihnen keinen Weg zeigen, sondern Strategien vermitteln, selbst einen Weg zu finden. Aus der Armut auszubrechen gelingt nur, indem die Kinder lernen, sich selbst zu bestärken. Die Kunst hilft ihnen dabei. Es geht um die Erkenntnis: Wer bin ich? Wie reagiere ich? Was kann ich anders machen?
80 Prozent unserer Kinder sind keine deutschen Muttersprachler und haben nach der Schule wenig Kontakt außerhalb ihrer Community. Bei uns erleben sie eine Vielfalt der Sprachen und Kulturen. Oft kennen sie ihre eigene Kultur nur teilweise. Deshalb gehen wir mit ihnen ins Museum für Völkerkunde. Dort sehen sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten: Aha, das ist das Christentum! Das der Buddhismus! Das der Islam! Alle stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Um diese Erkenntnis geht es uns. Wir stärken das Individuum, aber die Kinder sollen sehen: Wir sind gleichwertig und arbeiten zusammen, egal woher wir kommen.
Protokoll: Michael Güthlein