Neulich auf dem Sportplatz. Es ging nur um ein paar Butterbrote und süßen Limettensaft für ein kleines Sportfest, aber wir standen über eine Stunde mit anderen Eltern zusammen, um die Verpflegung für unsere Kinder zu organisieren. Weiß jemand, wo es bezahlbares Brot gibt – auch nächste Woche noch? Wer stellt sich wo an? Wer hat Bekannte, über die man an andere Lebensmittel kommen kann? Seitdem brummt es kräftig in der extra gegründeten WhatsApp-Gruppe.
Das ist unsere venezolanische Gegenwart in Zeiten von 500 Prozent Inflation. Im vergangenen Januar waren es noch 100 Prozent. Den Menschen geht es schlecht. Ökonomen rechneten aus, dass ein Venezolaner pro Tag einen US-Dollar zur Verfügung hat, davon kann niemand leben. Immer wieder erschrecke ich, wenn mir bekannte Gesichter auf einmal abgemagert und eingefallen entgegenschauen. Die Venezolaner nehmen auch diese Tragödie mit Humor und sprechen von der neuen „Maduro-Diät“, nach dem Staatspräsident Nicolás Maduro. Aber es wird immer dramatischer.
Die Gründe sind bekannt: Venezuela lebt vom Erdölexport, jetzt treibt der Preisverfall das Land in Richtung Pleite. Die Regierung hat versäumt, irgendeine Vorsorge zu treffen, die Einnahmen in den guten Jahren verteilt, verbraucht oder sonstwem zugesteckt. Jetzt ist die Not groß, wenn Schulden beglichen werden müssen und frische Devisen kaum das Land erreichen. Anstehende Wahlen wurden verschoben, und ein Referendum zur Amtsenthebung des unbeliebten Präsidenten im Keim erstickt. Daran haben auch vom Vatikan moderierte Gesprächsrunden zwischen Regierung und Opposition nichts geändert.
Was uns bleibt, ist die Eigeninitiative: Wir stopfen bei jeder Reisemöglichkeit Koffer mit Medikamenten voll oder lassen Kisten mit Lebensmitteln ins Land schiffen. Mit Unterstützung der Botschaften, des Gustav-Adolf-Werkes, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und unseren benachbarten Auslandsgemeinden werden wir auch in diesem Jahr diakonisch helfen können. Das gibt uns Mut.