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Jetzt sieht man sie wieder in Scharen, an warmen Sommerabenden in der Altstadt: Jungmänner in gestreiften T-Shirts, auf denen „Willkommen im Eheknast“ steht oder „Knast der Liebe“. Ehrlich, mir ist vollkommen egal, was die Menschen für komische Ideen von Liebe haben – von mir aus sollen sie sich fesseln, knebeln oder mit Kabelbinder fixieren. Ich muss diese Sorte Mann ja nicht heiraten. Was ich nicht mag, ist der Humor im Zusammenhang mit Knast.
Ich bin da ausnahmsweise eine echte Spaßbremse. Wer einmal im Gefängnis war – zu Besuch, zur Reportage, als ehrenamtliche Helferin – weiß: Der Moment, in dem die Tür zuknallt, ist „nicht witzig“, wie man neudeutsch sagt. Freiheitsentzug ist der größte Eingriff in die Autonomie eines Menschen. Und es ist schon grotesk, dass ein Topmanager wie Thomas Middelhoff ins Gefängnis kommen muss, damit wir mal erfahren, wie es zugeht in der U-Haft. Alle 15 Minuten Licht an, Wecken zum Zweck der Suizidprävention. 60 bis 80 Häftlinge nehmen sich – trotz dieser seltsamen Prävention – in Deutschland jedes Jahr das Leben. Gefängnis ist, um es klar zu sagen, eine Katastrophe für jeden Einzelnen.
Einfach nicht lustig
Drum würde ich auch nie in einer der lustigen Herbergen „hinter schwedischen Gardinen“ übernachten, wo man, haha, sich im Streifenanzug das Essen durch die Klappe servieren lassen kann. Oder sich im ehemaligen Gefangenentransporter vom Flughafen abholen lässt. Ich habe neulich auf der Autobahn einen echten Gefangenentransporter überholt, mit lauter Abschiebehäftlingen.
20 Menschen, 20 geplatzte Hoffnungen. Vielleicht gibt es als nächsten Clou Wettschwimmen im Mittelmeer?
Zuletzt fiel mir der Knast-Hype in San Francisco auf: „Freie Logis und dreimal täglich Essen“ steht auf den T-Shirts, die am Fähranleger nach Alcatraz verkauft werden. Der Sicherheitsknast, sorry, war die Hölle. In den Winzzellen brannte, fast wie bei Middelhoff, durchgehend das Licht, Männer wurden reihenweise irre. Ist einfach – nicht lustig.