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Die Geschichte von der fallenden Flut, von der Taube, die Noah losschickt, um zu erkunden, ob man auf der nassen Erde schon leben kann, klingt schön. Kinder malen sie gerne im Religionsunterricht. Aber es ist eine harte, eine bittere Geschichte. Sie erzählt vom ersten Schiffbruch Gottes mit seiner Menschheit.
Es ist Gottes zweiter Schöpfungsversuch unter realistischen Bedingungen. Der erste Schöpfungsbericht beschreibt das Paradies. Noch ist keine Feindschaft zwischen Menschen und Tieren. Noch schlachten die Menschen keine Tiere; Pflanzen und Früchte sind ihnen zur Nahrung gegeben. Noch ist die Erde nicht voller Dornen und Disteln, und noch müssen die Frauen nicht unter Schmerzen gebären. Noch konnte Gott sein wohlgefälliges „sehr gut“ über seine Schöpfung sprechen.
Dann aber folgt Katastrophe auf Katastrophe: die ersten Lügen, der erste Mord und bald das vernichtende Urteil Gottes: Alles Dichten und Trachten der Menschen ist böse. Er bereut, die Erde und die Menschen geschaffen zu haben, schickt die große Flut und vernichtet in Sippenhaft alles mit Mann und Maus. Fast alles: Noah und seine Familie sowie je ein Paar der Tiere werden gerettet.
Es gibt kein ungekränktes Leben mehr
Dann ein zweiter Versuch Gottes, eine zweite Schöpfung. Gott geht nicht mehr von der Güte seiner Geschöpfe und von der Harmonie der Welt aus. Er will die Erde nicht mehr verfluchen. Die große Flut soll nicht mehr kommen, denn er weiß, „dass das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse ist von Jugend auf“ (1. Mose 8,21). Er sagt nicht mehr: Alles ist sehr gut. Er geht nicht mehr von der Harmonie allen Lebens aus.
„Furcht und Schrecken vor euch sei über allen Tieren auf Erden“ (9,2). Anders als im Paradies ist den Menschen gestattet, Tierfleisch zu essen. „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise“ (9,3), die Konzession Gottes, von der die Menschen reichlich Gebrauch machen. Gott weiß, dass er bei der Bosheit der menschlichen Herzen wieder versucht sein könnte, die ganze Bande zu ersäufen. Aber er hat sich verpflichtet: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Tag und Nacht“ (8,22). Gott hat den Menschen und sich selbst eine Erinnerungsstütze gegeben: „Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt, der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde“ (9,13). Die Geschichte setzt sich fort: Mord und Totschlag, Lüge und Abfall wie vorher. Es gibt kein ungekränktes Leben mehr. Die Schönheit des Lebens wächst im Moder des Verrats.
Hoffnung lernen heißt auch Illusionen verlernen
Aber was ist mit dem Anteil Gottes am großen Bund? 130.000 Menschen vom Meer verschlungen auf Sumatra, 220.000 erschlagen beim Erdbeben von Haiti, 15.000 in Japan! Vergisst er den Bogen? Es gibt ausreichend Gründe, an der Güte des Lebens zu zweifeln. Wenn wir Christen von Hoffnung sprechen, darf man uns nicht vorwerfen können, wir seien Leute, die nicht so genau hinschauen, Naivlinge, die noch nicht gemerkt haben, was alles gegen den Regenbogen spricht. Hoffnung lernen heißt auch Illusionen verlernen, auch die Illusionen über Gott.
Ich lerne an der Regenbogengeschichte kaum, wer Gott ist. Aber ich lerne an ihr und an den großen Untergängen die alte Frage der Psalmen: Wo bleibst du, Gott? Wann kommst du? Diese Frage geben wir trotz aller Untergänge nicht auf. Und damit geben wir den letzten Grund des Glaubens nicht auf: Gott kommt. Er wird das Leben nicht in der Vernichtung lassen. An Gott glauben heißt auch an Gott leiden; an seiner Dunkelheit und seiner Unverstehbarkeit. Gott zu vermissen, gehört zu unserem erwachsenen Gottesglauben.
Unverstehbarkeit
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Fulbert Steffensky: "Er wird das Leben nicht in der Vernichtung lassen."
Solange Mensch die Vorsehung nicht gottgefällig überwunden hat, wird das Leben bis zum Jüngsten Gericht vernichtet werden.
Danach, wenn tatsächlich nur "144000 auf dem Berg Zion" standen, wird es mit diesen ein neues Leben und ein neuer Versuch "Seele Mensch" geben.