Die Bundesfreiwillige Monika Buhl wischt während der Handarbeitsgruppe der Seniorinnen in der Begegnungsstätte Wangen in Stuttgart einen Tisch ab.Foto: Marijan Murat/dpa/lsw
Der Wert sozialer Arbeit
Freiwillige dürfen nicht als billige Arbeitskräfte eingestellt werden, sagt Jens Haupt von der nordhessischen Diakonie
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
17.06.2013

chrismon: Wie viele Hartz-IV-Bezieher leisten im Bereich der Diakonie in Hessen den Bundesfreiwilligendienst (BFD)?

Jens Haupt: Das betrifft ja vor allem Freiwillige über 27 Jahre. Davon haben wir etwas mehr als 40, etwa die Hälfte bezieht
Sozialhilfe. Im Osten Deutschlands sind das viel mehr.

Was macht den BFD für Arbeitslose interessant?

Haupt: Da werden Sozialversicherungsbeiträge und ein Taschengeld gezahlt, von dem 200 Euro nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden. Für manche ist das viel zusätzliches Geld. Ich bezweifle aller-dings, dass allein das Geld für die Frei­willigen ausschlaggebend ist. Der Einsatz gibt Anerkennung, soll Spaß machen und die Chancen erhöhen, eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen.

Jenas Haupt, Bereichsleiter Evangelische Freiwilligendienste der Diakonie Hessenpr

Jens Haupt

Jens Haupt, Bereichsleiter Evangelische Freiwilligendienste der Diakonie Hessen

Wenn sich jemand für einen Freiwilligendienst verpflichtet, um seine Aussicht auf einen Job zu ver­bessern, kann man das dann noch freiwillig nennen?

Haupt: Ja, denn es ist eine Entscheidung auf Zeit. Meist probieren die Freiwilligen etwas für sie völlig Neues aus. Sie sind dadurch sehr motiviert. Außerdem darf es keine Sanktionen geben, wenn Freiwillige ihren Dienst vorzeitig beenden. Insofern ist ein Freiwilligendienst selbst dann freiwillig, wenn jemand ihn aus persönlicher und finanzieller Not macht. Die Einrichtungen müssen bei ihren Freiwilligenstellen auf dreierlei achten: Keine Erwerbsabsicht der Freiwilligen, Arbeitsmarktneutralität und Vollzeiteinsatz. Wobei man im Bundesfreiwilligendienst die Arbeitszeit von Freiwilligen über 27 flexibel vereinbaren kann, sofern sie mindes­tens 21 Stunden die Woche leisten.

Was unternimmt die Diakonie als Trägerin des Bundesfreiwil­ligendienstes dagegen, wenn eine ihrer Einrichtungen den BFD wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme einsetzen will?

Haupt: Erst einmal versuchen wir, die Realitäten zu sehen: Natür-lich bewerben sich bei uns – dem Träger – viele ältere Freiwilige, die lieber eine unbefristete sozialversicherungspflichtige Voll- oder Teilzeitstelle hätten. Wir teilen das den Einsatzstellen mit, und wir sagen den Bewerbern, dass der Freiwilligendienst kein Ersatz dafür sein soll. Die Einsatzstelle darf die Freiwilligen nicht als billige Arbeitskräfte ansehen, sondern der Dienst soll ein zusätzlicher Einsatz bleiben, von dem beide Seiten profitieren – Einsatzstelle und Freiwillige. Eine diakonische Einrichtung öffnet ja die Türen, lässt Leute bestimmte Arbeiten ausprobieren und weitere Qualifikationen für einen neuen Berufsstart planen. Es geht um Orientierung. Deshalb begleiten wir die Freiwilligen auch pädagogisch. Freiwilligendienst ist ein Lerndienst.

Wurden bei Ihnen auch schon Ein-Euro-Jobs in BFD-Stellen umgewandelt?

Haupt: Nein. Eine unserer kurhessischen Einrichtungen hatte das vor. Wir als Träger haben mit den Kollegen gesprochen, sie sind davon wieder abgerückt.

Trotzdem geschieht das andernorts.

Haupt: Wir sehen die Entwicklung, die im Osten begonnen hat, sehr kritisch, weil der BFD kein arbeitsmarktpolitisches Instrument sein darf. Man weckt Erwartungen, die man nie erfüllen kann. Wir können den Arbeitslosen keine Perspektive geben. Aber im Grunde steckt ein gesamtgesellschaftliches Problem dahinter, das Verbände wie Diakonie und Caritas nicht allein lösen können. Die Gesellschaft muss sich darüber klar werden, wie viel ihr soziale Arbeit wert ist, und mit wie viel Geld sie Arbeitsplätze fördern will.

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Die deutsche Vergangenheit strotzt nur so vor Grausamkeit: da ist das Dritte Reich, der RAF Terror, der Neonaziterror, um hier nur die Extreme zu erwähnen, und nun das ! Die Kirche glaubt Bedingungen diktieren zu dürfen! Nichts gelernt aus der Vergangenheit ! Drohungen sind immer am wirkungsvollsten, scheint hier das Motto, wobei die deutliche Sprache immer noch besser ist, als subtiler Terror und Gehirnwäsche. Aber es zeigt auch, wie gnadenlos kleinkariert D. geworden ist. Die "Gesellschaft " sollte man einfach konkretisieren. Engpässe im Leben muss man überstehen, ohne dauernd andere in sein Joch mit einzubeziehen !!! Denn ausnahmslos jeder muss durch solche Engen hindurch, und man kann den Menschen nicht einfach einflüstern, sie hätten Rechte , und das würde genügen . Es muss Raum / Freiheit für eigene Entscheidungen geben, eigene Wege, ohne damit andere zu belasten! Schwierigkeiten meistern. Eine andere Frage mögen Mitgefühl , Empathie, Mitbetroffenheit sein, dieses SICH Kümmern um einander ..., das kann man alles nicht steuern, kontrollieren, lenken, es entwickelt sich dort, wo freundliche, offene Menschen leben. Mir fällt ein bekanntes Sprichwort dazu ein, welches besagt :
" WIE DER HERR, SO `S GSCHER ! " Dass das hier zutrifft, auf die evangelische Gesellschaft insbesondere , konnte ich mich schon oft überzeugen. Mir geht es damit nicht gut, weil es so vollkommen gnadenlos selbstsüchtig ist. Wenn alles letztendlich eine Frage der Absicherung, des Geldes zu sein hat, verschwindet der Wert aller Werte überhaupt, und es überleben nur die stärksten Exemplare der Gattung Mensch, um hier das Trauma der Evolution hervorzuheben ! Deshalb, lieber Herr Jens Haupt: bevor Sie wieder einmal die ganze Gesellschaft in MItleidenschaft ziehen, denken Sie darüber nach, wo Ihre eigenen Verfehlungen sind und die der Kirche, und besinnen Sie sich auf den Glauben, daran, dass man um Offenheit, um Beenden der Desorientierung durch Gebete bitten kann und sollte ! Bitten Sie um Erneuerung des Glaubens und einen Weg aus der sozialen Sackgasse , in welcher die Politik sich zur Zeit befindet. Der Realsozialismus, der von der Kirche ausgeht, ist unerträglich einsam und notorisch neurotisch !!! Retten Sie nicht die Welt, retten Sie ihre Seele, und die eigene. Sie haben doch eine ? Ich meine hiermit auch die Kirche.