Tim Wegner
20.08.2012

Es war neulich in einer dieser Zweistundensendungen, die es nur noch im öffentlich-rechtlichen Radio gibt. Ein Studiogast durfte ganze Sätze ­machen, eine Weltumseglerin bilderreich erzählen, wie sie ohne Motor und weitgehend ohne Elektronik über die Weltmeere schipperte, dem Sturm trotzte und den Fluten. Aber das Wichtigste an Bord, sagte sie, sei das Wäsche-Management. Das meinte sie ironisch, es ging um stinkende T-Shirts und nasse Socken, die in feuchter Luft nur schwer trocknen. Aber man verstand sofort, dass sie in einer Situation, in der sie den Urgewalten ohnmächtig ausgesetzt ist, wenigstens irgendwas im Griff haben will. Und sei es die verschwitzte Wäsche.

Gibt Gott Workshops?

Also, das Wäsche-Management geht klar. Aber auffällig ist, dass auch wir Büromatrosen und Sesselkapitäne neuerdings alles „managen“ wollen. Die Lehrer lernen „Classroom-Management“, Frauen mittleren Alters belegen Kurse im „Hormon-Management“, und schlaue Ratgeber liefern passgereche „Tools“ zum – Achtung! – „Gefühlsmanagement“. Das klingt auf den zweiten Blick genauso eklig wie auf den ersten, denn der Untertitel verspricht: „Eigene und fremde Gefühle verstehen, nutzen und steuern“. Menschen, die bei Amazon dieses Buch gekauft haben, möchte man sofort auf eines der sieben Weltmeere schicken. Da könnten sie eigene und fremde Boote steuern statt unserer Gefühle.

Ganz anfällig für das Management sind naheliegenderweise Manager, die kurz vor dem Burn-out stehen. Denen verkauft eine Gesundheits- und Wellnessindustrie immer noch ausgefeiltere Workshops zum „Zeitmanagement“, „Stressmanagement“, „Selbstmanagement“, „Vitalitäts-
management“ – und, klar, zum „Lebensmanagement“. Dabei wäre dem einen oder anderen eher geholfen mit der Erkenntnis, dass man im Leben nicht immer alles im Griff haben kann. Die Seglerin klang da deutlich schlauer, sie zitierte den alten römischen Spruch: „Vor Gericht und auf hoher See sind wir ja bekanntlich in Gottes Hand.“ Dieser Gott – gibt der  eigentlich auch Workshops?

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Wie Gott es damit hält, weiß ich nicht, aber wie sieht es mit Chrismon aus ? Schon welche in Planung ? :-)