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Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis, Hannover, Sonntag, 17 Uhr: Es schnattert, trötet und trompetet aus der güldenen Orgel. Ein spanisches Instrument, erklärt das Gottesdienstheft, und titelt die abendliche Feier so: "Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe." Ist das ein Gottesdienst für Patienten des nahen Diakoniekrankenhauses? Nein, es gehe um "Loben und Danken als Seelenkur", erklärt Pastorin Martina Trauschke zur Begrüßung.
Der große Chor im Altarraum, die Männer in Schwarz, die Frauen auberginefarben, macht sich gut unter den barocken Statuen und dem aquamarinen Kreuzigungsbild an der Wand. Der Chor singt einen Psalmchoral, "Das ist mir lieb". Eine Frau liest aus dem Lukasevangelium: Jesus heilt zehn Aussätzige, nur einer dankt Gott dafür. Schon zieht von hinten das Kammerorchester ein und platziert sich vor dem Chor – wie in einem Konzertsaal.
Eine Kantate Johann Sebastian Bachs steht auf dem Programm: "Die ganze Welt ist nur ein Hospital." Der Solotenor benennt die Gebrechen: das "Fieber böser Lust", Überheblichkeit, Geldsucht, Aussatz – "Wer ist mein Arzt, wer hilft mir wieder?" Jesus, nur er "weiß die beste Seelenkur". Erwartbar, aber mit Hingabe und anrührend. Solisten, Chor und Orchester musizieren auf höchstem Niveau. Und dann ertönt von draußen das Tatütata eines Notarztwagens. Zufall, oder wirkte hier der Heilige Geist, um dessen Gegenwart die Gemeinde im ersten Lied gebeten hatte?
Im Spiegel Gottes ist alles zu ertragen
Der Prediger ist Theologieprofessor, Daniel Cyranka tritt im Talar ans Pult. "Ich stelle mich vonZeit zu Zeit nackt vor den Spiegel und dann weiß ich, woran ich bin." – Ähm. Cyranka lässt genussvoll ein paar Sekunden Stille, das Kopfkino rattert los. – Wenn wir uns im wörtlichen und übertragenen Sinn im Spiegel betrachten, fährt Cyranka fort, schonungslos nackt, alles Unausgesprochene, Verborgene und Verheimlichte ansehen, kann das erbärmlich sein. Im Spiegel Gottes jedoch sei das alles zu ertragen. Wer sich entblöße und Jesus als Arzt anerkenne, der werde zu seinem Herzen geführt – und in der Ewigkeit im himmlischen Engels-Chor singen. Amen.
Kein pastoraler Singsang, keine frommen Floskeln. So, wie der Mann Glaube und Vernunft verschränkt, scheint er fest im Leben zu stehen. Leibniz, der neben dem Altarraum bestattet liegt, dürfte sich im Grabe freuen und mit der zum Ausgang trötenden spanischen Orgel jubilieren.
Ev.- Luth. Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis Hannover
Gemeindebüro
Rosmarinhof 3
30169 Hannover
Tel. 0511 / 171 39
Ich habe gestern schon da
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Ich habe gestern schon da ,das war eine shone Gottesdienst, mit freundlichen leuten