- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Etwa 80 Menschen kommen zur dritten Fürbittenandacht für den in der Türkei inhaftierten Berliner Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner – und für weitere Gefangene. Steudtner hatte auf einem Workshop von Amnesty International in Istanbul über IT-Sicherheit und gewaltfreien Umgang mit Konflikten referiert. Am 5. Juli wurde er mit anderen Kollegen der Menschenrechtsorganisation verhaftet. Der Vorwurf: Sie sollen eine bewaffnete Terrororganisation unterstützt haben.
Es ist ein warmer Sommerabend. Die Gottesdienstbesucher trudeln nach und nach ein. Einige kommen regelmäßig, andere sind zufällig in der Gegend, wieder andere wollen ein Zeichen gegen das Unrecht in der Türkei setzen. Die Stimmung ist andächtig. Im schlichten Altarraum brennen Kerzen.
Nach einem langsamen Klavierstück sagt Pfarrerin Jasmin El-Manhy: „Peter Steudtner hat uns aus dem Gefängnis heraus wissen lassen, dass er von unseren Gebeten weiß und in Gedanken mit dabei ist.“ Ein bewegender Moment. Einige Kinder sitzen auf dem Schoß ihrer Eltern und dösen.
Das erste Lied: Bleibet hier und wachet mit mir. „Wachet und betet“ steht auch auf Flugblättern, die an einem Zaun vor der Kirche hängen. Eine junge Frau liest das Gedicht „Der dritte Weg“ von Dorothee Sölle: „Wir sehen immer nur zwei Wege: sich ducken oder zurückschlagen, sich kleinkriegen lassen oder ganz groß herauskommen, getreten werden oder treten.“ Die Gemeinde duckt sich nicht weg, noch soll hier nach irgendwelchen Seiten getreten werden. Sie lässt sich auch nicht vom Unrecht kleinkriegen, sondern sie macht es mit einer Fürbittenandacht Montag für Montag öffentlich. So lange, bis die Inhaftierten freigekommen sind.
Nach „Meine Hoffnung und meine Freude“ wird Fürbitte gehalten. Die Vortragenden wünschen Peter Steudtner Kraft, die Zeit im Gefängnis zu überstehen. „Gott, wir beten zu dir in unserer Angst und Sorge und auch mit unserer Wut und dem Gefühl der Ohnmacht“, sagen sie und wünschen den Familien der Inhaftierten Hoffnung.
Besucher zünden im Altarraum der Kirche Teelichter an, beten in der Stille und haben „Zeit zum Nachdenken“, sagt Pfarrerin El-Manhy. Statt einer Predigt ist Raum für Gedanken, Gesang und Gebete. Mit den wöchentlichen 30 Minuten Andachten zeigt die Kirchengemeinde am Prenzlauer Berg eindrucksvoll, wie mitfühlend eine christliche Gemeinschaft sein kann.
Fürbitten jeden Montagabend, 18 Uhr, Gethsemanekirche, Stargarder Str. 77, Berlin–Prenzlauer Berg