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Von der Magdalenenkirche ist es nicht weit bis zum Paradies, dem „Wasserpfeifen-Paradies“ in der Karl-Marx-Straße, neben Dönerbuden und Handyshops. Der Berliner Bezirk Neukölln ist ethnisch und religiös bunt. Seine Einwanderungsgeschichte schwingt im Hintergrund immer mit, wenn Pfarrer Jürgen Fuhrmann über das Miteinander von Menschen unterschiedlichster Herkunft predigt. Neukölln hieß früher Rixdorf und davor Böhmisch-Rixdorf. Gegründet im 18. Jahrhundert von evangelischen Flüchtlingen aus Böhmen.
Heute sind Protestanten hier in der Minderheit. Die Kirchenbänke der Magdalenenkirche sind nur spärlich besetzt, und wäre da nicht die zwanzigköpfige Taufgesellschaft, die Gläubigen an diesem Sonntag würden sich in der schönen Hallenkirche verlieren. Ein feiner ironischer Zug von Pfarrer Fuhrmann, die Gemeinde nach dem Eingangsgebet „Ich liebe dich aus voller Seele“ anstimmen zu lassen: „Du rufest auch noch heutzutage, / dass jedermann erscheinen soll; man höret immer deine Klage, / dass nicht dein Haus will werden voll.“
Das Drinnen und Draußen des Hauses Gottes
Fuhrmann predigt über den Epheserbrief, Kapitel 2: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Ein heikles Thema in diesen Tagen. In einer anderen Berliner Kirche hatte der Übertritt muslimischer Flüchtlinge zum Christentum hohe Wellen geworfen. „Müssen nun alle Christen werden, um zu uns zu gehören?“, fragt Pfarrer Fuhrmann etwas provokant. Nach seiner Vorstellung hat das „Haus Gottes“ keine verschlossenen Türen.
Ihn stört die ständige Abgrenzung, „wer drinnen und wer draußen ist“. Fuhrmann begeistert die Idee, im Zentrum von Berlin ein sakrales Gebäude zu errichten, das Gläubige unterschiedlicher Religionen zum Gebet und zum Austausch nutzen können: das „House of One“.
Zum Abendmahl bittet er in den Altarraum. Eine Gemeindehelferin assistiert. Sie drückt jedem Gast den Kelch mit italienischem Landwein so warmherzig in die Hände, dass man fast das Trinken vergisst. Per Handschlag verabschiedet Fuhrmann seine Gemeinde in einen warmen, sonnigen Junitag. Die Kirchgänger verschwinden zwischen Frauen mit Kopftüchern, Menschen verschiedener Hautfarbe. Alles strömt Richtung Grünanlagen. „Die güldne Sonne“, das Eingangslied des Gottesdienstes, klingt nach: „Freude die Fülle / und selige Stille wird mich erwarten im himmlischen Garten.“ Zur Hasenheide geht es links ab, beim „Wasserpfeifen-Paradies“.
Zur Gemeinde
Evangelischen Kirchengemeinde Rixdorf
Magdalenenkirche
Karl-Marx-Straße 197, 12055 Berlin
Pfarrer Jürgen Fuhrmann
E-mail: infoevkg@rixdorf.de