- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Wir sind wieder einmal spät dran mit unseren Urlaubsplänen, ganz spät. Die Ferien beginnen und wir wissen immer noch nicht, wohin wir fahren wollen. Wir sind eine Familie mit schulpflichtigem Kind und einem Hund. Da muss man planen.
"Es wird jetzt wirklich Zeit, wenn wir noch ein gutes und bezahlbares Quartier buchen wollen", hatte uns Barbara schon im vergangenen Oktober gemailt. Dann schickte sie uns Reiseunterlagen mit der Ferienwohnung, die sie mit Mann und Kindern für diesen Sommer reserviert hatte. Als wir zauderten, war sie echt sauer: "Ich seh schon, das wird nichts mit euch!" Sie behielt Recht.
"Urlaub zu Hause ist keiner"
Nun sitzen wir wieder abendelang vor Prospekten oder surfen durchs Internet. Und je mehr wir vergleichen, desto weniger sind wir zum Entschluss fähig. Camping an der Adria? Eine Ferienwohnung in Südtirol? Familienurlaub in der Steiermark oder doch lieber in der Provence? Wir haben so ein schönes Haus, sage ich, warum bleiben wir nicht einfach hier? "Urlaub zu Hause ist keiner", antwortet meine Frau.
Stimmt. Ungebügelte Wäsche guckt einen beleidigt an. Die unerledigten Steuersachen drücken. Und all die anderen Dinge, die man sich für die Wochenenden vornimmt und dann doch nicht schafft. Davon habe ich an dieser Stelle neulich schon berichtet. Entweder sitzt man also auf seiner Terrasse und hat ein schlechtes Gewissen, weil man nix macht. Oder man macht was und ärgert sich, dass der Urlaub so dahinläppert.
Aber all die schönen Urlaubsangebote können mich nicht so recht überzeugen. Ein Hotel in Südtirol teilt mit: "Ihr Zimmer ist ab 16 Uhr beziehbar; sollten Sie früher ankommen, verwöhnt Sie unser Team im Restaurant oder auf unserer Terrasse." Das müssen sehr uneigennützige Leute sein. Oder nehmen die Geld dafür? Dann sind wir es doch, die das Team verwöhnen! Ein Haus im Périgord: "Ihr Haustier (kleiner Hund) ist bei uns herzlich willkommen (nur im Zimmer, nicht im Restaurant). Sein Aufenthalt kostet 9 Euro am Tag (ohne Futter)." Sehr herzlich!
"Special packages mit Wellness und diversen Freizeitmöglichkeiten"
Besonders skeptisch machen mich (aus Erfahrung) all jene Selbstanpreisungen, die gnadenlos auf alle Zielgruppen zielen: "Willkommen im schönen Streiblfing, der Perle des oberen Gamsbachtales. In unserem Haus sind internationales Flair und landestypische Bodenständigkeit eine geglückte Kombination eingegangen. Unsere Küche bietet alles, was das Herz begehrt; Kalorienbewussten steht unser üppiges Salatbuffet zur Verfügung." Und wenn dann noch "special packages mit Wellness und diversen Freizeitmöglichkeiten" angeboten werden, dann sagt mir das Kleingedruckte: Es handelt sich um eine Tischtennisplatte im Keller, eine Sauna (nach Voranmeldung geheizt, 8 Euro extra) und einen muffigen Gemeinschaftsraum. Und die Preise sind im Sommer, "natürlich", Hochsaisonpreise. So ist sie eben, die Marktwirtschaft.
Eigentlich will ich nicht verreisen, aber zu Hause bleiben möchte ich auch nicht. Zumal das deutsche Wetter reine Glückssache ist das portugiesische allerdings auch. Einmal waren wir im Juli an der Algarve. Alle hatten uns vor der Hitze dort gewarnt. Und dann durften wir im Süden den kältesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1816 erleben, wie uns die nachgesandte Heimatzeitung freundlich mitteilte, während wir schlotternd in den paar wenigen mitgenommenen warmen Sachen beim Frühstück saßen.
Schluss mit der Unentschlossenheit, sage ich. Ab nächstes Jahr machen wir es wie die Alten: jedes Jahr in dieselbe österreichische Sommerfrische, ohne Rücksicht auf das Wetter. Aber dann müssten wir jetzt schon buchen, meint meine Frau. Das werden wir nicht schaffen, glaube ich.