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Die beste Freundin erzählt atemlos von ihrer neuesten Eroberung: "Das ist er, ganz bestimmt - der Mann fürs Leben!" Und statt sich mitzufreuen, stöhnt man innerlich: Nicht schon wieder! Es ist mindestens der vierte Frosch, den sie innerhalb der letzten paar Jahre geküsst hat; jedes Mal in der Überzeugung, nun aber wirklich den Prinzen gefunden zu haben, nach dem sie sich so sehnt.
"Das ist er, ganz bestimmt - der Mann fürs Leben!"
Aber was heißt schon der oder die Richtige? Was ist richtig für einen selbst? Der Mensch, der den eigenen, manchmal durchaus fragwürdigen Maßstäben genau entspricht, der so ist, wie man ihn oder sie haben will, fast eine eigene, selbst geschaffene Kreatur? Wie langweilig, wie unattraktiv und unerotisch wäre das man merkt es ja daran, dass Beziehungen oft scheitern, in denen Ödnis herrscht statt knisternder Spannung, weil man einander zu sehr kennt und sich "im Griff" hat.
Wird man die Prinzessin finden, wenn man in Internet-Singlebörsen Fragen beantwortet, um festzustellen, auf welchen Typ Mann oder Frau man steht? Mit Tipps, wie man den sanften Lover oder die starke Frau in zehn Tagen kennen lernen kann? Oder helfen die Tests in Zeitschriften, die einem eröffnen, dass man den gegenwärtigen Partner sofort ehelichen oder eher auf die Straße setzen sollte?
Nein. Vermutlich deswegen nicht, weil viele Menschen ihre Erwartungen ins Unendliche schrauben. "Mister Right" oder "Miss Perfect" sollen den eigenen Wünschen exakt entsprechen. Die Partnerannoncen in Zeitungen oder Internet zeigen das Dilemma kaum jemand kann all das in einer Person vereinigen, was erwartet wird: Schönheit, Jugend, Erfolg, Witz, Charme, Eleganz in Abendgarderobe und Jeans, Sportlichkeit, Interesse an Theater und Kino, Liebe zu Kindern, Hunden, Pferden, Hamstern, Autorennen, Skifahren... und reich sein soll er auch noch. Man will das Maximum herausholen für sich und vollkommen gewiss sein, dass jetzt nichts mehr schief gehen kann. Beides, die Erwartung, nur das "Beste" zu bekommen, und der Wunsch nach absoluter Sicherheit, ist Garantie dafür, dass man enttäuscht wird.
Zum einen gibt es diese Sicherheit nicht, mit der man sich gemütlich zurücklehnen könnte, weil der Fisch im Netz ist. Eine Ehe, eine Partnerschaft, sie kosten Mühe und Arbeit. Zwei Menschen müssen neben den tollen Zeiten, die sie zusammen verbringen, immer wieder miteinander um ihre Liebe ringen. Es kostet den Einsatz von Leib und Seele, damit das, was einen verbindet, lebendig bleibt.
Der Mann, die Frau des Lebens: Ein paar Anzeichen gibt es schon - und wenn man sie bemerkt, dann sollte man auch kämpfen um die große Liebe. Da ist das warme Gefühl, das einen durchflutet, sobald man an den anderen denkt, Zärtlichkeit, die einem im steinigen Alltag hilft. Ein strahlendes Lächeln, wenn man sich begegnet, eines, das nicht sofort wieder verlöscht, sondern im Gesicht bleibt, auch wenn Fremde sich darüber wundern. Es ist der Augenblick, in dem man sich verstanden fühlt, weil der andere, statt einem schlaue Ratschläge zu erteilen, erst einmal solidarisch "Wie gemein" sagt, wenn man eine Enttäuschung erlebt hat. Es macht Spaß, miteinander etwas zu unternehmen, weil keine Opfer gefordert, sondern Kompromisse möglich sind. Man hat Lust, für den anderen etwas zu tun, ohne danach zu schielen, ob man etwas dafür bekommt. Unterschiede sind nicht nervig, sondern aufregend. Man ist dort zu Hause und geborgen, wo der oder die andere ist.
Der Partner fürs Leben, das ist jemand, der zu einem passt und zugleich herausfordernd ist
Der Mann, die Frau fürs Leben, das ist jemand, der zu einem passt und zugleich herausfordernd ist: Der Seiten an einem herauslockt, die man bislang nicht kannte oder nicht gepflegt hat. Seiten, die er oder sie durch die ganz eigene Art unerschütterlich "hervorliebt" und über die man selbst total überrascht ist. Da traut sich einer auf einmal, in Gesellschaften auf andere Menschen zuzugehen, weil er durch die Liebe seiner Partnerin selbstbewusst und fröhlich geworden ist. Sanfte Anregungen, auch einmal richtig faul, statt ständig superfleißig zu sein, sind ein ebensolcher Segen wie Augenblicke, in denen man sich wegen kleiner Schwächen neckt. Der oder die Richtige, das ist der Mensch, der einem tiefe Einsichten und beglückende Erfahrungen ermöglicht, die man ohne ihn, ohne sie nicht bekommen und gemacht hätte. Bequem ist das nicht immer, aber es macht munter und ermöglicht beiden, die eigene Persönlichkeit weiter zu entfalten.
Manchmal weiß man es gleich, ein andermal braucht es Zeit, bis man spürt: Mit diesem Menschen will ich mein Leben verbringen. Ein Leben, zu dem Anfechtungen, Sorgen und Zweifel, Probleme, Streit und Krisen genauso dazugehören wie wunderbare, ausgelassene, heitere, lustvolle Zeiten. Was gibt es Schöneres, als sich in den guten und in den schweren Tagen immer wieder neu sagen zu können: Du bist die Frau, du bist der Mann meines Lebens. Weil du so, wie du bist und dich veränderst, für mich immer wieder neu zum Segen wirst.