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Was tun gegen die Wohnungsnot? Ich denke, dass mittlerweile klar ist, dass mehr bauen nicht die alleinige Lösung sein kann. Rein theoretisch haben wir schon genug Wohnraum in diesem Land. Auf 47 qm pro Kopf ist unser durchschnittlicher Flächenverbrauch mittlerweile gestiegen - in den 1990er Jahre lag er noch bei gut 35 qm.
Ich kenne viele Menschen, die den Platz, den sie haben, nicht mehr genießen können und sich gerne reduzieren würden. Doch wie das auf dem überhitzten Wohnungsmarkt so ist: In Großstädten kostet eine moderne 3-Zimmer-Wohnung oft mehr Miete als die 5-Zimmer-Altbauwohnung. Umziehen ist zu teuer. Gute Ideen müssen her.
Ein Bündnis sozialer Wohnungsbauunternehmen
In Potsdam beispielsweise haben sich verschiedene soziale Wohnungsbauunternehmen und Genossenschaften zu einem Bündnis zusammengeschlossen und den Arbeitskreis Stadtspuren gegründet. Dort entwickeln sie zusammen Ideen, um den Wohnungsmarkt zu entlasten, und zwar nicht nur durch Neubauten.
Das Bündnis verwaltet in Summe gut 34 000 Mietwohnungen und damit 40 Porzent des städtischen Wohnungsmarktes. Der größte Partner hier ist die kommunale Wohnungsbaugesellschaft ProPotsdam GmbH, ihr Chef ist seit 2002 Jörn-Michael Westphal. 17 000 Wohnungen gehören zu seinem Unternehmen. Darunter viele große Altbau- und viele eher kleinere Neubauwohnungen. Wer innerhalb des Bestandes seine Wohnung von groß nach klein, oder umgekehrt, tauschen möchte, kann dies anmelden; ein übliches Verfahren bei vielen großen Wohnungsbauunternehmen. Bei ProPotsdam kommt der Wohnflächenbonus dazu.
Denn Neubauwohnungen, gerade auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, kosten oft einen höheren Mietpreis pro Quadratmeter als die alten Wohnungen. Der "Wohnflächenbonus" hilft mit einem Mietkostenzuschuss pro qm in der neuen Wohnung und einer Umzugsbeihilfe. Das gleiche Modell greift auch, wenn Familien aus dringend sanierungsbedürftigen Wohnungen in eine (teurere) Neubauwohnung innerhalb des ProPotsdam Bestandes ziehen können: Die für sie dann höheren Kosten werden durch den Wohnflächenbonus gemindert.
Wobei der Wohnflächenbonus, so berichtet mir es Jörn-Michael Westphal, gar nicht so neu sei. Bei ProPotsdam gibt es ihn schon seit 2011. Allerdings ist er erstaunlich wenig populär. Gerade einmal 184 Parteien haben das Angebot seit Bestehen angenommen.
Wieso ist die Nachfrage so gering? Jörn-Michel Westphal weiß aus vielen Jahren Erfahrung: "Gerade älteren Menschen fällt ein Umzug oft schwer." Die vertraute Nachbarschaft aufgeben, sich in einer neuen Wohnung zurecht finden und einen Umzug zu organisieren, das wird immer schwerer, je älter man wird. Deshalb plädiert er dafür, nicht so lange zu warten, bis es gar nicht mehr in der alten Wohnung geht, sondern sich frühzeitig bei der Wohnungsbaugesellschaft zu melden. Er würde sich freuen, wenn die Nachfrage größer wäre: "Ja natürlich, es könnten gerne ein paar mehr sein, da es alleinstehenden Senior*innen und Familien wirklich helfen kann."
Fazit der kleinen Unterhaltung: Auch wenn der Wohnflächenbonus für das Unternehmen ProPotsdam unter dem Strich ein Zuschussgeschäft ist, langfristig, so der Geschäftsführer, sei so ein Tausch eine Win-Win-Situation für alle. Neubauten sind teuer, es gibt sowieso kaum mehr freie Flächen. Wohnungstausch im Bestand ist da eine absolut notwendige Ergänzung, um mehr Senioren und Familien bezahlbare Wohnungen anbieten zu können.
Soweit aus Potsdam. Es gibt viele Städte und Kommunen mit kreativen Ideen. Wenn Euch etwas über den Weg läuft, immer her damit. Gerne berichte ich darüber.
PS 1: In München gibt es auch eine Wohnungsbörse - doch ohne Bonus, dafür aber Hilfe bei der Untervermietung von Zimmern. Könnte auch ein gutes Modell sein...
PS 2: Für alle Leser*innen, die wirklich in Potsdam wohnen gibt es hier das ganze PDF mit Zahlen und Beispielen zum Herunterladen