Unteilbar-Demo in Dresden
24.08.2019, Sachsen, Dresden: Anhänger des Bündnisses #unteilbar stehen während der Abschlusskundgebung zum Ende einer Demonstration des Bündnisses auf der Cockerwiese. Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa [ Rechtehinweis: picture alliance/Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa ]
picture alliance/Sebastian Kahnert
Grüße aus der spannendsten Stadt Europas
26.08.2019

Liebe Anne,

wie schön, wieder von dir zu lesen! Du hast recht, es hat sich viel verändert seit unserem Austausch. Wenn wir heute tauschen würden, dann säßest du an einem großen Newsdesk im Dresdner Haupthaus der Sächsischen Zeitung, wo es manchmal zugeht wie in einem Taubenschlag. Ständig kommt ein Reporter herein und liefert eine News oder schickt eine kurze Nachricht von unterwegs. Dann wird dazu nachrecherchiert, Bilder ausgesucht, vielleicht noch passende Tweets eingefügt, damit die Geschichte schnell online gehen kann. Von wegen Zeitung ist langsam (oder nur auf Papier). Und von wegen Sommerloch!

Wir haben so viele Themen, dass wir kaum hinterherkommen. Sehr vieles dreht sich natürlich um die anstehende Landtagswahl. Ständig findet irgendwo ein Wahlforum statt – und die Bürger besuchen sie zu Hunderten. Am Samstag zogen rund 40.000 Menschen bei der Unteilbar-Demo durch Dresden, um ein Zeichen für Solidarität zu setzen. Das sonst manchmal etwas verschlafen wirkende Dresden ist so politisiert wie lange nicht.

Bevor ich meine neue Stelle angetreten habe, war ich mit Kollegen zu Besuch bei Welt.de in Berlin, um zu schauen, wie die das dort so anstellen mit diesem Internet. Der Chefredakteur Ulf Poschardt begrüßte uns in der Morgenrunde als die Kollegen aus „der derzeit spannendsten Stadt Europas“. Nicht London, nicht Paris oder Rom – Dresden. Deshalb hat Welt.de auch keinen geringeren als Deniz Yücel zur Wahlberichterstattung zu uns entsandt, andere Medien gleich ganze Delegationen von Reportern. Alle schauen gerade auf Dresden und Dresden schaut leicht errötet zurück, angesichts von so viel Aufmerksamkeit.

Errötet? Eher erblaut. Denn deshalb schauen sie ja alle: Könnte die AfD bei der sächsischen Landtagswahl tatsächlich als stärkste Kraft hervorgehen? In den Prognosen liegt gerade wieder die CDU mit 30 Prozent vorne, gefolgt von der AfD mit 24 Prozent. Aber zu oft lagen die Prognosen auch schon falsch, nicht jeder gibt beim Anruf der Meinungsforscher gerne zu, dass er die AfD wählt. Ich persönlich rechne inzwischen mit 30 Prozent für die Rechtspopulisten. Ob die anderen Parteien, vor allem die CDU, dann zu ihrem Wort stehen, auf keinen Fall mit der AfD eine Koalition einzugehen?

Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich – ganz klein, denn ich bin ja jetzt im Hochhaus – auch ein AfD-Plakat. Es ist unverkennbar mit der übergroßen Zeile in rot-blauer Optik. Bei den anderen Parteien ist die Farbenlehre dagegen etwas durcheinander geraten, die CDU setzt auf grün, die SPD schämt sich wohl etwas für ihr rot und plakatiert hellblau, was die Freien Wähler ärgert. 

So sind hier alle ein wenig auf Identitätssuche und zwischen allem blinkt das grüne Licht der E-Roller. Die haben auch Dresden erobert, von meinem Fenster aus sehe ich alleine vier Stück. Vielleicht fahren manche damit sogar zu Pegida. Der nächste „Spaziergang“ ist heute Abend. 

 

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.

Kolumne

Dominique Bielmeier
,
Dorothea Heintze
,
Anne Buhrfeind

Zwei Redaktionen, ein Blog: Dominique Bielmeier arbeitet bei der Sächsischen Zeitung in Dresden. Anne Buhrfeind und Dorothea Heintze bei chrismon in Frankfurt. Nun bloggen sie: Über ihren Redaktions-Austausch, ihr Leben als Ossi im Westen, ihr Leben als Wessi im Osten. Und ihren Alltag, hier wie dort.