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Die Not ist groß. In der Vorweihnachtszeit wird allerorten vorgelesen: in Familien, bei Feiern, in der Kirche. Doch das meiste, was als Lesestoff zur Verfügung steht, ist von mäßiger Qualität: sentimental, bieder, langweilig. Doch zum Glück gibt es Les Murray, einen wundervollen Dichter aus Australien, der einen feinen Sinn für den Zauber des Christlichen besitzt. Von ihm stammt eines der ganz wenigen gelungenen modernen Weihnachtsgedichte.
Doch bevor ich es vorstelle, muss ich einen Werbeblock einfügen. Nein, dies ist ein sachdienlicher Hinweis, der beim zweiten großen Problem dieser Jahreszeit hilft: der Suche nach einem unverwechselbaren Geschenk. Das Werk von Les Murray wird in Deutschland von der Edition Rugerup veröffentlicht. Das ist ein Berliner Ein-Frau-Verlag, der in schönster Aufmachung eine Fülle von hierzulande kaum bekannten Gegenwartsdichtern präsentiert. Jedes Buch ist eine beglückende Überraschung. Man kann hier eigentlich blind zugreifen. Seit langem liebe ich die Bände von Les Murray, jetzt gerade begeistern mich die Gedichte des Schweden Hakan Sandell.
Doch nun, wie versprochen, das Weihnachtsgedicht von Murray – in der Übersetzung der Rugerup-Verlegerin Margitt Lehbert. (Wer ein vergleichbar gutes Gedicht kennt, soll es – bitte! – schicken.)
Tiere an der Krippe
Die Iliade des Friedens begann,
als ein Mädchen bejahte.
Jetzt sind Ziegen in Bäumen, Fische im Tal
auf einmal erfüllt von Leben.
Schwalben huschen im Stall, als ob
ein Geschlüpftes ihrer Art
menschgeworden in der Krippe weint
und den Hungerdiamanten zeigt.
Das Vieh ist zufrieden, daß dieses Kalb
in menschlicher Form erschien.
Spinnen erkennen den Wassergänger.
Selbst Menschen ahnen das Lamm,
Ihn, der vom alten Gedicht
Taube und Schlange befreit,
der dem Tod Vergebung bringt
und den Apfel zurücktut.
Hunde, nicht so versklavt, doch hungernd
wie die ärmsten Menschen dort
hocken entzückt von einer Wende des Seins
die als Stern erinnert wird.