Städel Museum, Frankfurt am Main
Die Passion bedenken und Ostern feiern mit Paul Klee
Die alte Bildgeschichte des Christentums quillt über von Darstellungen Christi – am Kreuz und vor dem offenen Grab. In der Moderne ist es schwerer geworden, das Geheimnis des Glaubens in einem Bild zu fassen.
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
06.04.2023

Auf seine wie immer zarte und zugleich hochreflektierte Weise hat Paul Klee es 1920 dennoch versucht. Im Frankfurter Städelmuseum findet sich eine Mischung aus Zeichnung und Ölgemälde, die das Lamm Gottes zeigt. Damit greift Klee auf eines der ältesten christlichen Symbole zurück. Es stammt aus der Offenbarung des Johannes und war schon in der frühen Christenheit sehr beliebt.

Der Hintergrund ist durch scharfe, gewellte Striche strukturiert. Es sieht fast wie ein verrutschtes Notenblatt aus. In die Wellen sind sehr unterschiedliche Farben gegossen – Leuchtendes und Dunkles. Oder soll man – wie bei Ikonen – sagen, dass sie hineingeschrieben sind?

Davor steht das Lamm. Es erscheint wie ein Teil der kosmischen Wellen. Seine Augen sind geschlossen. Träumt es? Auf seinem Kopf trägt es ein kleines rotes Kreuz, fast wie ein Krone. Rot ist auch der übergroße Tropfen, der von seiner Wange herabfällt. Oder ist es eine Träne? Man denkt an die Seitenwunden Jesu. Aber der Leib des Lamms ist unverletzt. Es blutet sozusagen aus dem Kopf. Und aus der Mitte des Bildes. Dies ist ein Leidensbild. Aber es hat nichts Krasses und Erschreckendes an sich, wie man es von mittelalterlichen Passionsdarstellungen kennt. Aber auch nichts Triumphales, wie man es bei alten Bildern des Auferstandenen sieht. Für beides ist das Lamm zu zart und liebenswert, zu bunt.

Natürlich sollte man Paul Klee nie zu eng-theologisch deuten. Seine ästhetische Spiritualität entzieht sich allen Dogmatismen. Aber wer mag, kann in diesem Bild den wundersam geglückten Versuch auffassen, Tod und Leben, Karfreitag und Ostersonntag, Kunst und Glauben zusammenzusehen.

P.S.: Über seine Reise in den Ost-Kongo und seine Eindrücke von einem vergessenen Bürgerkrieg spreche ich mit meinem Kollegen Albrecht Philipps - in meinem Podcast "Draußen mit Claussen".

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Kolumne

Johann Hinrich Claussen

Auch das Überflüssige ist lebens­notwendig: Der Autor und Theologe Johann Hinrich Claussen reist durch die Weiten von Kunst und Kultur