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Luisa Neubauer nennt die Abschlusserklärung von Glasgow einen „Betrug“ und Greta Thunberg „Bla-Bla-Bla“. Die Tagesschau meint „Das war nicht die schlechteste Klimakonferenz“. Umweltministerin Svenja Schulze nennt dieselbe Konferenz „historisch“ und FDP-Chef Lindner zeigt sich „vorsichtig optimistisch“. Die BILD-Zeitung spricht gar von einem „Sensationserfolg“.
Ja, was denn nun? Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Alle haben etwas recht und zugleich etwas unrecht.
Enttäuscht müssen alle diejenigen sein, die einen Wundergipfel von einer Versammlung mit Vertretern aus 195 Ländern erwartet haben. Realisten verweisen auf den Druck, der durch Glasgow jetzt erstmals auf einen globalen Kohleausstieg besteht.
Selbstverständlich ist dieser Druck noch lange nicht der Kohleausstieg, sondern allenfalls der Einstieg in den Ausstieg. Das ist jedoch besser als gar nichts und mehr als Pessimisten befürchtet haben. Wer etwas anderes erwartet hatte, lebt auf einem anderen Stern.
Fast 200 Nationen haben sich auf einen Appell geeinigt, schneller als bisher geplant, aus der Kohle und anderen fossilen Rostoffen auszusteigen.
Das aber heißt im Umkehrschluss: Rasch in erneuerbare Energien einzusteigen. Denn preiswerte und klimafreundliche Energie brauchen künftig alle. Ein klarer Appell auch an Deutschland und an die künftige Bundesregierung, spätestens 2030 aus der Kohle auszusteigen. Wenn das hierzulande passiert und als Vorbild verstanden wird, dann und nur dann war Glasgow „nicht die schlechteste Klimakonferenz“. Glasgow hat immerhin möglich gemacht, dass der deutsche Kohleausstieg ein Exportschlager wird.
Besonders wichtig: Durch preiswerte erneuerbare Energie wird Klimaschutz zum Geschäftsmodell. Investoren, Banken. Industriekonzerne begreifen das. Kapitalisten haben schon immer die Eigenschaft, geschmeidig zu sein. Das ist das wahre Erfolgsgeheimnis des Kapitalismus, auch des grünen Kapitalismus.
Während der Konferenz haben die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland angekündigt, dass sie den Kohleausstieg in Südafrika unterstützen werden. Auch diese Starthilfe kann zum Startschuss einer Klimaaußenpolitik werden, wie sie die Grünen schon lange fordern.
Die Kritiker haben recht mit ihrer Behauptung, dass Vieles nur angekündigt wurde. Das kann auf Konferenzen aber gar nicht anders sein. Doch jetzt kann´s endlich losgehen. Falls das wirklich passiert, kann Glasgow tatsächlich auch noch „historisch“ werden.
Eine Konferenz kann die größte Krise der Menschheit niemals lösen. Entscheidend ist, ob der rasche Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energie tatsächlich bald gelingt: Beim Strom bis 2030, bei Wärme und im Verkehr bis 2035. Das ist machbar. Es ist die Gnadenfrist, die uns die Klimawissenschaft noch gibt.